Bauers Depeschen


Donnerstag, 31. Juli 2014, 1326. Depesche



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DIE FAMILIEN-BANDE IM THEATERHAUS

Flaneursalon am 13. Oktober im THEATERHAUS. 07 11 / 4020 720.

Mit Uta Köbernick. Zam Helga & Ella Estrella Tischa. Toba Borke & Pheel. Roland Baisch & Sam Baisch. Unsereins macht auch mit.



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Die aktuelle StN-Kolumne:



PLÄTZE

Der Juli-Regen schwemmt die Schwüle nur mühsam aus dem Kessel, beim Herumgehen ziehe ich Papier und Stift aus verschwitzten Klamotten. Das Schreibwarengeschäft Haufler am Marktplatz schließt; die Miete ist zu hoch. Allein der Verlust des Wortes „Schreibwaren“ ist schon schade. Stift und Füller braucht man im Ramschzeitalter nur noch als luxuriöse Statussymbole, seit jeder Trottel glaubt, dank Taschentelefon & Tablet müsse er das Abc nicht mehr lernen.

Vor Jahren habe ich mir angewöhnt, nie ohne Stift und Notizbuch aus dem Haus zu gehen. Wenn ich das Werkzeug vergesse, kaufe ich neues bei Haufler. Es macht mehr Freude, Buchstaben mit einem gut in der Hand liegenden Stift in ein schönes Notizbuch zu kritzeln, als sie in einen Computer zu hacken. So wie es reizvoller ist, eine habhafte Vinyl-Platte aufzulegen, als kastrierte Musik im Internet abzuspielen. Wer solche Gewohnheiten als „Nostalgie“ verspottet, kaut auch lieber Ketten-Fraß als ein gutes Brot von einem ordentlichen Bäcker. Unsere letzten anständigen Läden, diese Oasen der Lebensqualität, sollten wir bis aufs Messer verteidigen, solange es noch Geschäfte wie den Messer-Müller beim Marktplatz gibt.

Mit Stift und Notizbuch ging ich zum Gerda-Taro-Platz an der Hohenheimer Straße/Alexanderstraße. Der Erinnerungsort für die Stuttgarter Kriegsfotografin war seit seiner Eröffnung 2008 eine Unkrautwiese. Zurzeit wird er umgebaut. Große, eingefasste Beete mit Bäumen erinnern ein wenig an die sechziger Jahre. Ob der Platz mehr werden kann als ein grüner Fleck an der Stadtautobahn, lasse ich offen.

Im Herbst 2007 habe ich die erste Retrospektive der Fotografin in New York besucht und mir danach im Schlepptau der Schorndorfer Taro-Biografin Irme Schaber die Hacken für eine Übernahme der Ausstellung abgelaufen. 2010 war sie im Kunstmuseum am Schlossplatz zu sehen.

In den USA, in Spanien, in Frankreich hat man Gerda Taro, die Partnerin des Fotografen Robert Capa, viel früher geehrt als in Stuttgart, wo sie neunzehn Jahre lang mit ihrer jüdischen Familie am südlichen Ende der Alexanderstraße lebte. Im Hinterhof-Haus Nummer 170 A wurde sie am 1. August 1910 als Gerta Pohorylle geboren, am 26. Juli 1937 kam sie als Reporterin mit Künstlernamen Gerda Taro während eines Luftangriffs von Hitlers Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg ums Leben. Ihre Biografie bietet alles, was eine große tragische Geschichte braucht. Was aber ist für Stuttgarts Politikanführer und ihre Marketingfritzen schon eine Geschichte, wenn nicht am Ende ein Immobilienprojekt mit Shopping-Mall herausspringt?

Weil im Nordbahnhofsviertel, an den alten Waschküchen zwischen den Eisenbahner-Hochhäusern, ein Abend zur Erinnerung an das jüdische Justizopfer Joseph Süß Oppenheimer angekündigt war, ging ich vom Taro-Platz zum Oppenheimer-Platz. Beide Orte hat der gerade abgetretene Grünen-Stadtrat Michael Kienzle angeregt (für ihre Gestaltung kann er nichts). Das Finanzgenie Joseph Süß Oppenheimer,  Berater des Herzogs Karl Alexander von Württemberg, hat man 1738 im Nordbahnhofviertel erwürgt und seinen Leichnam in einem Käfig zur Schau gestellt.

Geht der Spaziergänger beim Rathaus in die Gasse Bebenhäuser Hof und lässt den Puff Dreifarbenhaus rechts liegen, landet er auf dem Joseph-Süß-Oppenheimer-Platz. Mit feinem Gespür für die Historie haben die Stadtgestalter 1998 die Tiefgarageneinfahrt an der Rückseite von Karstadt gewählt. Beim Anblick des Asphaltlochs wünscht sich der Besucher, der Erdboden möge ihn verschlucken. Dafür wäre ihm keine Parkgebühr zu hoch. Das Schild Joseph-Süß-Oppenheimer-Platz hat man direkt an die Tiefgarageneinfahrt gestellt, als sei er ein Wegweiser in den Schlund zu Stuttgarts großer Höllengrube.

Zur Belebung stand anfangs eine sogenannte Volksbühne auf dem Platz, ein Holzpodium, das von Künstlern bespielt werden sollte. Daraus wurde nichts. Sieht man von einem Asia-Imbiss ab, ist der Platz tot und gruselig. Leider erfüllte sich nie mein Wunsch, über den Theaterbrettern könnten eines Tages die Galgenstricke aus dem Rathaus baumeln. Verurteilt im Namen des Volkes wegen Geschmack- und Geschichtslosigkeit zum ewigen Blick von oben herab.

So steht es in meinem Notizbuch von Haufler, ich kann nichts dafür.



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