Bauers Depeschen


Sonntag, 12. Mai 2013, 1107. Depesche



ABSTIEGSKAMPF BIS ZUM SCHLUSS: Stuttgarter Kickers - FC Chemnitz 1:1



DAS LIED DES TAGES



ERINNERUNG

Der großartige amerikanische Songschreiber/Sänger Michael Hurley gastiert an diesem Montag im Stuttgarter Club Tonstudio, Theodor-Heuss-Straße 23. Beginn 21 Uhr. Siehe Depesche vom 7. Mai 2013.



LIEBE GÄSTE,

nach einer Pause geht die Kolumnenarbeit erst wieder Mitte der Woche los. Dann erscheinen neue Depeschen. Am Freitag dieser Woche gastiert der Flaneursalon im Theater Rampe (20 Uhr) - es gibt noch ein paar Karten für die letzten paar Ehrbaren! Die Lieder- und Geschichtenshow mit: Roland Baisch & Sohn Sam, mit Zam Helga & Tochter Ella Estrella Tischa, mit dem Rapper Toba Borke und seinem Beatboxer Pheel.

INFOS & VORVERKAUF - KARTENTELEFON: 07 11 / 6 20 09 09-16

Weitere Termine: Am Samstag, 1. Juni, findet in Frankfurt am Main die große Blockupy-Kundgebung gegen die deutsche und europäische Krisenpolitik statt; ab Stuttgart fährt ein von der Gewerkschaft Verdi organisierter Sonderzug, mit dem auch die S-21-Gegner anreisen. Als Überbringer der Stuttgarter Botschaft darf unsereins in Frankfurt eine Fünf-Minuten-Rede halten. - Am Samstag, 15. Juni (17 Uhr), ist der Stuttgarter Schlossplatz wieder Schauplatz einer Großdemo gegen die Politik des Größenwahns. Motto: "Stuttgart 21 ist überall. Wehrt euch, vernetzt euch!". Demnächst Näheres.



Nachtrag:

SPENDENAUFRUF: INSOLVENZ VERHINDERT!

Der Spendenaufruf zur Abwendung der Privatinsolvenz im Fall der Zeitung "einund20" hat eine stattliche vierstellige Summe gebracht. Am Montag erhielt ich die Nachricht, die Insolvenz sei vom Tisch. Allen Helferinnen und Helfern herzlichen Dank!



KIRCHENTAG

Der nächste Kirchentag wird 2015 in Stuttgart gefeiert. Auch 1999 ging diese Veranstaltung im Kessel über die Bühne; damals noch mit einen unversehrten und funktionierenden Hauptbahnhof. Ein Rückblick aus meinen Anfängen als Kolumnist:



GRÜSSE AUS BABYLON

Es war im letzten Sommer des vorigen Jahrtausends, als die Christenmenschen kamen. Sie feierten ihren Kirchentag. Es wurde eng in der Stadt, das Boot war voll, und so schickte ich schon kurz nach der Invasion eine Depesche aus meinem selbst gewählten Fluchtort:

Grüß Gott, melde mich heute aus dem Exil. Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss. Ich habe mich deshalb von Gottes Acker gemacht.

Wie geht's denn so zu Hause?

Hängen die Eindringle noch immer frohlockend ihre abgelatschten Sandalen in unsere schönen Brunnen?

Rammen sie ihre überladenen Rucksäcke noch immer in die verdutzen Gesichter unserer Straßenbahngäste?

Schockieren sie noch immer unsere Supermarkt-Frauen mit Rudelbildung an der Kasse und Chorgesängen aus heiterem Himmel?

Die Christenmenschen bedrohen die Menschheit zwar seit 2000 Jahren mit ihrem verschärften Hang zum aggressiven Tourismus, als ihr exotischster Trip galt lange die Himmelfahrt. Jetzt aber kamen sie bis Stuttgart.

Es war Zeit, mein Heil in der Flucht zu suchen. Auch weil der Evangelische Kirchentag klammheimlich dazu dient, uns mit den Auftritten erbärmlich schlechter Bands die letzte Freude an der Popmusik zu verderben.

Der Kirchentag ist die Love Parade für Arme.

In meiner Umgebung kultureller Verrat. Neulich abends brach ein Freund, einst gestählt von den Dröhnungen des Rock 'n' Roll (Sympathie For The Devil), bei den Klängen eines Posaunenchors auf dem Schlossplatz in Tränen aus. Es waren, ich schwöre, Tränen der Wahrhaftigkeit. Seine Frau reichte ihm spontan ein Tempotaschentuch, ein unbeflecktes. Welche Schande.

Kein Mann kann in diesen Tagen tun, was ein Mann tun muss. Statt auf die Tribüne ihres erfolglosen Fußballvereins, statt an die Theke ihrer schlecht unterbelichteten Bar zu flüchten, proben die Machos in überirdischen Harmonieklubs Paarungstänze.

Ich stiefelte, selig sind die Beladenen, mit meinen Plastiktüten und etwas Manna zum Hauptbahnhof. Statt für einen dringend notwendigen Nahverkehrskreuzzug entschied ich mich für den Cisalpino, 16.02 Uhr, Stuttgart, Böblingen, Mailand.

Der Cisalpino ist ein Produkt der italienischen Eisenbahn, ein Pendolino, der mit angelegten Ohren in die Kurven rast. Man kann in dieser Rakete die Welt aus der Schräglage beobachten, ihre revolutionäre Neigetechnik löst ein kirchentagsähnliches Feel-good-Trauma aus, vergleichbar nur mit den erotischen Purzelbäumen eines deutschen Turnfests.

Die Gedanken flogen mit dem Zug dahin. Irgendwann hielt der Pendolino. Ich stieg aus. Stille. Ich ging, neigetechnisch gesehen, einige Schritte nach rechts. Mein Blick blieb an einer Leuchtschrift hängen, mein Herz schlug heftig: "Blue Parrot – Nightclub". Mein Gott, dachte ich, hier ist das Paradies. Ich bettelte – knockin' on heaven's door – um Einlass. Keine Antwort. Stattdessen die frustrierendste Botschaft, seit Maria & Josef in Bethlehem erfolglos ein Hotelzimmer suchten: „Wiedereröffnung demnächst als Nightclub Tiffany“. Der Blaue Papagei war abgestürzt.

So zog ich von dannen, folgte laut betend dem Stern des Durstenden und landete auf einem Hügel. Dort wohnten Menschen in merkwürdigen Balkenhäusern. Halbnackte Jungfrauen saßen quatschend hinter den Sahnehäufen ihrer Eisbomben. Ich konnte kein Wort verstehen. An einem Schaufenster die Aufschrift: "Zambaione – moda per donne".

Kein Zweifel, hier war Babylon, im fortgeschrittenen Stadium. Bedrohliche Kirchtürme, soweit das Auge reicht.

Ich grüßte meine lieben Brüder und Schwestern aus der kirchentagsfreien Zone mit der unausgesprochenen Botschaft, man könne mich – und man möge das Wort richtig verstehen – kreuzweise.

Natürlich wusste keiner, wo ich war. Heiliges Land? Your land? Mailand?

In Wahrheit war ich unter die Rottweiler gefallen. Und rein neigungstechnisch sind die Rottweiler katholischer als der Papst.



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