Bauers Depeschen


Donnerstag, 11. Februar 2021, 2255. Depesche



LIEBE GÄSTE,

hier geht's zu meiner NEUEN KONTEXT-KOLUMNE: PROPAGANDA UND POPCORN



Meine einleitende Rede bei der Kundgebung "Rettet das Metropol" am Donnerstagabend vor dem historischen Gebäude in der Bolzstraße:



Guten Abend, verehrtes Publikum,

großen Dank an euch alle, dass ihr bei dieser Kälte gekommen seid, um mit gebührender Würde den Totengräbern dieser Stadt etwas einzuheizen. Und keine Sorge: Trotz der notwendigen Auseinandersetzung mit der Geschichte dieser Stadt geht es heute Abend nicht um den Schnee von gestern. Sondern um ein Stück Stadtkultur, das für unser Zusammenleben wichtiger ist als zum Beispiel ein weiterer geplanter Kommerz-Bunker wie jetzt bei Breitling auf dem Marktplatz.

Wir stehen hier in der Bolzstraße, die früher Schloßstraße hieß und nach dem Ende des Nazi-Terrors dem ermordeten Widerstandspolitiker Eugen Bolz gewidmet wurde. Ich erwähne dies, um an diesem Ort auf den Zusammenhang von Vergangenheit und Gegenwart hinzuweisen. Gehen wir nur ein paar Meter weiter in den Schlossgarten, landen wir vor dem Landtag. Dort sitzen die Völkischen und Nazis von heute, genau die Leute, die täglich unsere internationale Kultur angreifen – und damit unsere Lebensweise. Sie schmieden strategische Pläne für die Hegemonie ihrer antidemokratischen Unkultur. Das ist keine Horrorfilm-Fantasie, sondern Realität.

Wir brauchen ein Bewusstsein für unsere Geschichte, vor allem für die vor unserer Haustür, um gesellschaftspolitische Entwicklungen besser zu begreifen. Und dieses Metropol-Gebäude mit seiner Nachbarschaft hat uns sehr viel darüber zu erzählen.

Deshalb wäre es ein Skandal, würde dieses Haus als Kletterhalle missbraucht. Damit sind wir mitten in der Stadtpolitik: Dass dieses Metropol-Gebäude mit seiner fast einhundertjährigen Geschichte als Filmtheater und Entertainment-Bühne an ein Boulder-Unternehmen vermietet wurde, ist ein weiteres Beispiel für die beschämende Immobilienpolitik und Kungelei in dieser Stadt. Immer geht es um ein paar Dollar mehr. Um mehr und immer mehr.

Dieses Haus, das ist bekannt, gehörte einst der Stadt und wurde ohne jegliche stadtplanerische Verantwortung an ein privates Unternehmen verkauft. Mit dieser Praxis werden bei uns Kulturdenkmäler zerstört.

Tatsache ist, dass der Element Boulder GmbH in Chemnitz von den üblichen Immobilien-Groß-Dealern in Stuttgart nur das Metropol als Gebäude angeboten wurde. Logischerweise hat diese GmbH den Mietvertrag mit der Gebäude-Besitzerin Union Investment unterschrieben. Es hatte ja keine Ahnung und keine Alternative. Sie wäre aber, sagt die Firma, durchaus bereit gewesen wäre, auch in ein anderes Gebäude zu ziehen. Die Immobilien-Vermittler dieser Stadt aber sind mit der Politik gut verbandelt und handelten so profitorientiert-rücksichtslos, wie es ihrer neoliberalen Praxis und provinziellen Geschichtsvergessenheit entspricht.

Wenn jetzt der neue OB Nopper der Presse erklärt, der Kletter-Käfig könne ja auch woanders untergebracht werden, dann ist das noch keine Heldentat. Nicht nach all unseren Protesten.

Was jetzt tatsächlich geschehen muss, ist dies: Die Stadt muss rasch ein anderes Gebäude fürs Klettern finden – und dann selber das Metropol mieten.

Und damit zum Inhalt dieses Gebäudes: Ich halte ies für einen zu engen Blick, wenn im Fall Metropol nur vom Verlust eines Kinos geredet wird. Auch wenn der Verlust dieses Festival-Palastes wirklich schlimm ist.

Aber: Es geht um mehr. Hier stand einst Stuttgarts erster Bahnhof, hier war das Hotel-Marquardt, in dem große Namen wie Richard Wagner und Franz Liszt eine Rolle spielten. Hier in dieser Umgebung findet man die Spuren eines großstädtischen Stuttgarts der zwanziger Jahre, mit den berühmten Varietés, den Theatern, dem Kunstgebäude, den legendären Filmhäusern.

Wie kann man bloß auf die Idee kommen, das Zentrum dieser historischen Kulisse mit künstlichen Kraxel-Felsen zu verunstalten. Die maßgebliche Politik dieser Stadt hat nahezu tatenlos zugeschaut und den Lügen der Union Investment geglaubt. Wo es doch jetzt, in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts, die Chance gäbe, ein großes Kapitel Stadtgeschichte im Metropol-Gebäude öffentlich darzustellen.

Liebe Freundinnen und Freunde, immer wieder hören wir bei politischen Aktionen dieselbe Frage: Was bringt der Protest? Die Antwort: Selbst dann, wenn wir die Kletterhalle nicht verhindern könnten, was ich weißgott nicht glaube, bietet sich jetzt die große Gelegenheit, eine Diskussion über neue Formen kultureller Arbeit und künstlerischer Darbietungen zu führen.

Nicht nur der Lockdown zeigt uns das enorme Bedürfnis nach Gemeinschaftserlebnissen, nach Begegnungen von Menschen, die sich austauschen wollen. Streaming und Online-Events sind ein Teil künstlerischer Arbeit, aber kein Ersatz für das menschliche Miteinander.

Heute müssen wir endlich auch die erstarrten Rituale des gängigen Veranstaltungsbetriebs in Frage stellen – und über neue Mischformen nachdenken. Das gilt für die klassische Musik und das Theater wie für das Museum und Kino. Wir brauchen ein neues Zusammenspiel, die Grenzen zwischen unterschiedlichen Kunst-Gattungen müssen fallen.

Ein Haus wie das Metropol mit seiner einzigartigen Aura bietet uns die große Chance, eine Keimzelle spartenübergreifender Veranstaltungen und Dialoge zu schaffen. Deshalb: Rettet das Metropol – und macht es zu einer Bühne lebendiger zukunftsorientierter Stadtkultur. Zu einem Schauplatz, der ein anderes Stuttgart zeigt als das Stuttgart des Geldes und der Spekulanten.



WIR TRAUERN UM

DIE-CORONA-TOTEN

Immer sonntags findet die Aktion "Wir trauern um die Corona-Toten" zurzeit auf dem Stuttgarter Marienplatz statt. Beginn 17 Uhr. Marcel Engler (Loisach Marci) musiziert. Ein stilles Zeichen mit Grablichtern, damit die vielen am Virus verstorbene Menschen nicht als Zahlen und Statistiken abgehakt werden. Keine Reden, keine Demo-Rituale. Eine bundesweite Aktion, die man in den sozialen Medien findet: #coronatotesichtbarmachen



FOTOS VON LUTZ SCHELHORN

IN DEN STRASSEN DER ALTSTADT

In den Straßen der Stuttgarter Altstadt ist Lutz Schelhorns Schau „Fotos im Fenster“ zu sehen. Die Bilder hängen bis zum Ende des Lockdowns im Leonhards- und Bohnenviertel. Ein Spaziergang für Neugierige, die gern Spuren suchen. Auf Wunsch des Machers habe ich ein wenig mitgeholfen, zur Online-Eröffnung der Ausstellung ein paar Sätze aufgeschrieben und die Rede mit dem Taschentelefon aufgenommen. Hier ist der Link zum Video: FOTOS IM FENSTER



Künstler*innensoforthilffe

KÜHLSCHRANKFÜLLER.

Unsere Künstler*innensoforthilfe Stuttgart ist dank vieler Spenden in der Weihnachtszeit mit einem guten Polster ins neue Jahr gestartet, und schon jetzt ist klar: Alles wird für die Betroffenen, für die diese Aktion gedacht ist, noch schlimmer werden als im ersten Pandemie-Jahr. Viele Rechnungen müssen zurzeit bezahlt werden, und Arbeit ist für die meisten Freischaffenden im Kunst- und Kulturbereich nicht in Sicht In der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" ist zuletzt ein schöner Bericht über uns erschienen: "Kühlschrankfüller des Südens". Mal schauen, wie lange unsere kleine Privatinitiative finanziell durchhalten kann. Mehr als 800.000 Euro Spenden haben wir bisher erhalten. Wir bitten weiterhin um Spenden und um die Verbreitung unserer Sache. Allen, die helfen, herzlichen Dank! Hier geht es zu den Infos auf unserer Webseite: KÜNSTLER*INNENSOFORTHILFE

 

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