Bauers Depeschen


Donnerstag, 11. Oktober 2018, 2021. Depesche

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„20 Jahre Flaneursalon“ ist ausverkauft.



KUNDGEBUNG AN DIESEM SONNTAG

Sonntag, 14. Oktober, 17.30 Uhr,

Stuttgarter Schlossplatz:

„Nein zu Hetze und Rassismus.

Zur Bayernwahl auf die Straße.“

(Unsereins sagt auch ein paar Sätze)



WORKSHOPS GEGEN RECHTS

Unser 2. OFFENES FORUM GEGEN RECHTS in Stuttgart nimmt Formen an. Es findet statt am Samstag, 1. Dezember 2018, von 14 Uhr bis ca 17 Uhr im Württembergischen Kunstverein am Schlossplatz. Unterstützt von Rosa-Luxemburg-Stiftung, Aktionsbündnis Stuttgart gegen Rechts u. v. a. In verschiedenen Workshops geht es um Fragen wie "Umgang, Konfrontation mit Rechten im Alltag", "Protestformen" u. ä. Zu den Referenten/Rednern gehören u. a. Jonas Weber von der Initiative Stammtischkämpfer*innen, der Arzt und Aktivist Michael Wilk, der Schriftsteller Wolfgang Schorlau. Näheres demnächst. Wer Lust hat, kann sich per Mail schon mal anmelden (nur für den besseren Überblick):

offenesforum@posteo.de



Hört die Signale!

DAS LIED ZUM TAG



StN-Kolumne vom 6. Oktober:

RUMMEL DER RÜHRUNG

Wer das Varieté so oft besucht hat wie unsereins, wundert sich nicht mehr über die Lust der Menschen, sich zu wundern. Die Buden und Karussells des Historischen Volksfests auf dem Schlossplatz sind abgebaut, die Schausteller weitergezogen, und die unterschiedlichsten Menschen schwärmen von einem schon totgeglaubten Bedürfnis: Der Mensch lässt sich noch immer gern in Staunen versetzen. Nicht nur von den digitalen Zaubereien seines Handys, auch von den Geheimnissen des Handgemachten.

Die Revue der Illusionen, die Rummelplätze wie zuletzt den Schlossplatz mit Nummern à la „Die Frau ohne Unterleib“ und den Tricks einer Wahrsagerin bespielt, wurde in den Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts gegründet, eine Errungenschaft der damaligen Varieté-Renaissance in Deutschland. Zuvor schon hatten die österreichischen Multi-Unterhalter und Stil-Perfektionisten André Heller und Bernhard Paul mit dem Circus Roncalli die Manegen- und Varietékunst neu belebt, nicht nur mit modernen Formen der gemischten Show.

Das Varieté ist verwandt mit dem Zirkus und dem Theater. Schon im 19. Jahrhundert vereinte es in Europa und Nordamerika die Darbietungen von Magiern, Musikern, Akrobaten, Dompteuren, Bauchrednern, Komikern, Tänzerinnen. Die Liste der Disziplinen würde ein Lexikon füllen. In den US-Varietés wie in New York, nach einer französischen Schlagerform „Vaudevilles“ genannt, traten Größen wie Buster Keaton und die Marx Brothers auf – die Urväter des großen Showbusiness.

Auch Stuttgart hatte eine glänzende Varieté-Epoche, in den Zwanzigerjahren und bis zum Machtantritt der Nazis. In dieser –aufregendsten und mondänsten – Ära unserer Stadtgeschichte traten in Häusern wie Friedrichsbau, Excelsior und Weinhaus Clou große Stars des Entertainment auf. Darunter die revolutionäre Tänzerin und Sängerin Josephine Baker, der hinreißende Dichter Joachim Ringelnatz, die philosophisch geschulten Helden des schwäbischen Humors, Oscar Heiler und Willy Reichert als „Häberle und Pfleiderer“.

In Stuttgart müsste eigentlich bis heute ein inniges Verhältnis zum Varieté herrschen. In den Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhundert wurde, beinahe schon vergessen, in einer verwitterten Gaststätte auf dem Killesberg ein von der Stadt finanziertes Varieté eröffnet. Diese kuriose kommunale Artistenklitsche existierte mehr als zehn Jahre. Danach gab es Planungs- und Finanzaffären bei den Versuchen eines Kulturamtsmitarbeiters, eine neue Spielstätte einzurichten. Eine Zeit lang stand sogar ein städtisches Varietézelt im Schlossgarten an der Neckarstraße. 1993 schließlich wurde mithilfe des Berliner Entertainment-Unternehmers Peter Schwenkow ein neues Varieté namens Friedrichsbau in der L-Bank-Rotunde eröffnet. 2014 kündigte die Bank dieses Mietverhältnis ohne Miete. Das Varieté zog auf die Prag neben das Theaterhaus.

Wer einst in der klapprigen Bude auf dem Killesberg die handgestrickten Vorstellungen mit ihren liebenswerten Nummern und später die etwas professionelleren Shows im Friedrichsbau besuchte, erlebte immer wieder auch Darbietungen, wie sie jetzt das enorm große Publikum beim Historischen Volksfest verblüfften und verzückten. Es war der Rummel der Rührung.

Varieté, das wird oft übersehen, bedeutet nichts anderes als: Verschiedenes, Abwechslung, Gemischtes. Wikipedia übersetzt „Varieté“ auch als „bunte Vielfalt“ – womit wir mitten in den politischen Konflikten unserer Zeit sind. Artistentheater waren seit jeher Bühnen mit großstädtischem, urbanem Charakter. Das Wort „urban“ beschreibt im gesellschaftlichen Sinn einen Ort, an dem unterschiedliche Dinge und Menschen zusammenkommen, sich verstehen und ergänzen. Eine Welt freiheitlichen, internationalen Treibens.

Diese Definition ist kaum noch im öffentlichen Bewusstsein, seit architektonisch konfektionierte Einkaufszentren Unterhosen, T-Shirts und Turnschuhe als „urban“ anpreisen. Auch Stadtkosmetiker bedienen sich ständig des Modeworts „urban“, sobald sie eine Ecke ihres Kaffs zur Steigerung der Immobilienpreise gentrifizieren – und damit Menschen ohne großes Geld samt der Vielfalt verdrängen.

Ich denke, eine gute Stadt sollte wie ein Varieté sein: eine bunte Bühne des Zusammenlebens. Zum Varieté gehören schräger Humor, gegenseitiger Respekt, coole Weltläufigkeit. Kein Wunder, dass Goebbels eine tiefe Abneigung gegen Zirkus und Varieté hatte: Dort traten ihm zu viele Juden und Ausländer auf. Für den Propagandachef der Nazis war das „Afterkunst“.

Da momentan geplant wird, das Histo­rische Volksfest nach dem Erstversuch zum 200. Jubiläum des Volksfests fortzusetzen, sollte eigentlich klar sein: Dieser Budenzauber mit seiner Schiffschaukel-Erotik und seinem pudergezuckerten Varieté­-Charakter gehört mitten in die Stadt – und nicht, wie jetzt einige im Rathaus meinen, auf den Wasen. Der mag als Rummelplatz für Partybesäufnisse und große Shows ganz praktisch sein. Doch das Herz des kleinen Varietés, dieser menschelnden Bühne gelebter Vielfalt, schlägt im Zentrum städtischen Lebens. Und nicht hinter Zäunen in der Prärie. Also, hochverehrtes Publikum: Herrreinspaziert … Treten Sie auch in Zukunft näher. Auf dem Schlossplatz.

 

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