Bauers Depeschen


Freitag, 14. September 2018, 2008. Depesche



 



Gut die Hälfte der Karten ist weg

20 JAHRE FLANEURSALON

IM GROSSEN SAAL DES GUSTAV-SIEGLE-HAUSES

Sonntag, 21. Oktober, 19 Uhr.

Die Jubiläums-Show im Gustav-Siegle-Haus, wo 1998 alles anfing. Durch den Abend führt der Berliner Kabarettist Arnulf Rating. Auf der Bühne des Großen Saals, der Stuttgarter AC/DC-Gedächtnis-Halle: Rolf Miller, Thabilé & Band mit Jens-Peter Abele, Roland Baisch & Michael Gaedt, Stefan Hiss, Toba & Pheel. Spezialgast: Nero Friktschn Feuerherdt.

Gleichzeitig Buchvorstellung: „Im Staub von Stuttgart“.

Eine Veranstaltung in Kooperation mit den Stuttgarter Philharmonikern und der Rosenau.

KARTEN: EASY TICKET Telefon: 0711 / 2 555 555



Hört die Signale!

DAS LIED ZUM TAG



StN-Kolumne aus aktuellem Anlass:

BESORGT, BESEELT, BESCHEUERT

Die Grünen-Politikerin Renate Künast hat nach Chemnitz auf Twitter geschrieben, die „alte Bundesrepublik“ sei „zu Ende gegangen, für unsere Demokratie müssen wir stündlich kämpfen“. Wenig später veröffentlichte die, nicht als linksgrünversifft bekannte, „Frankfurter Allgemeine“ ein ausführliches Interview mit ihr. Künast sagte, mit der rechtsextremen Partei AfD habe sich ein rechtes Netzwerk gebildet, „das sehr systematisch vorgeht“ und „das Engagement für die Demokratie und die demokratischen Strukturen zersetzen will“.

Keine Ahnung, wie es anderen Leuten geht. Mich treibt auf jedem Spaziergang, auf jeder Straßenbahnfahrt der Gedanke um, was ich angesichts des extremen Rechtsrucks tun kann oder muss, um nicht eines Tages zu recht gefragt zu werden: Warum hast du nichts getan?

Dieses Hirnen führt zu grotesken Situationen. Neulich saß ich im Bus auf der ­Strecke zwischen den abgelegenen Stadtteilen Giebel und Hausen, als ich an einer Kreuzung mitten in der Prärie eine junge Frau mit roter Jacke herumturnen sah: Mutterseelenallein jonglierte sie, vermutlich eine Sportgymnastin, mit einer Tafel in Form eines Straßenhinweisschilds. Ihr Schild warb mit großen Lettern für einen neuen Baumarkt in der Nachbargemeinde. Solche Aktionen nennt man Event-Marketing, sie erinnern an Arbeitslose, die einst als Werbefiguren mit Pappschildern durch die Straßen zogen. Ich dachte: Wieso zerbrichst du dir den Kopf über die Angriffe von Nazis auf die Demokratie? Hauptsache, die Geschäfte laufen. Ich hätte aus dem Bus steigen und die Jongleuse fragen sollen, wie ich am schnellsten zu ihrem Baumarkt komme, um mich einmauern zu lassen. Es wird immer unheimlicher in diesem Land.

Politiker und ihre Marketingberater haben genügend Worthülsen entwickelt, um die Gefahr von rechts herunterzuspielen und den Bürgern zu erklären, „was eine Demokratie aushalten muss“. Dass diese Demokratie längst unter gefährlichen Ungerechtigkeiten leidet, spielt im politischen Phrasen-Betrieb keine Rolle. Abgewiegelt wird von den Maaßens und Seehofers bis zum Gehtnichtmehr. So schaut man fast besorgt auf Bayerns Regierungschef Markus Söder, wenn er die Forderung der AfD nach freiem Waffenbesitz vor der Wahl in seinem Land als „Angriff auf das Gewaltmonopol des Staates“ betrachtet.

Für die Angreifer von rechts hat man zur allgemeinen Beruhigung und Vertuschung den Begriff „besorgte Bürger“ (BB) erfunden. Als „besorgt“ gilt jemand, der mit Sorgen erfüllt ist, so wie jemand beseelt ist, der etwas Seele hat. Weniger gut in diese Reihe passt das Wort „bescheuert“ – es weist darauf hin, dass man bekloppt ist, weil man eine gescheuert bekam.

Als besorgter Zeitgenosse starre ich irritiert auf den Umschlag meines Notizbuchs, bedruckt mit einem Satz Albert Einsteins: „Ich denke niemals an die Zukunft. Sie kommt früh genug.“ Vermutlich hätte ich viel früher erkennen müssen, wie schnell uns die Zukunft das Ende der „alten Bundesrepublik“ bringen würde. Und wie bescheuert und verlogen es ist, die Gefährlichkeit der BB-Truppen herunterzuspielen.

Niemand im Bus von Giebel nach Hausen oder vom Charlottenplatz zum Killesberg muss heute nach Sachsen blicken, um zu sehen, was läuft. Es reicht, die Nase in den Stuttgarter Landtag zu stecken, die Reden von AfD-Abgeordneten zu hören – oder sich mit dieser Twitter-Nachricht des Böblinger AfD-Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier zu Chemnitz zu beseelen: „Wenn der Staat die Bürger nicht mehr schützen kann, gehen die Menschen auf die Straße und schützen sich selber. Ganz einfach.“

Noch effektiver als mit bescheuerten Straßenmobs wäre der Selbstschutz, würde die AfD demnächst in Bayern den freien Waffenbesitz durchsetzen. So könnte man wie in den USA Kanonen aus dem Supermarkt holen und bräuchte nicht mehr extra einen Waffenschein, wie ihn rechtsextreme „Reichsbürger“ dank ihrer unbesorgt-sorglosen Schützenvereine besitzen.

Mit dem Adjektiv „besorgt“ wird seit Jahren der Hass auf Flüchtlinge verharmlost. Und viel zu selten gesagt, dass Flüchtlinge als Sündenböcke für die große Wut herhalten müssen – nicht nur wegen mieser Löhne, schlechter Renten, Mietwahnsinn und Wohnungsnot. „Besorgt“ sind auch gut situierte Menschen, die unter der von rechts geschürten Angst leiden, Flüchtlinge könnten ihnen alles wegnehmen. Oder, schlimmer noch, vom Staat bevorzugt werden. Neid und Hass sind Brüder.

An diesem Freitag (14.30 Uhr) findet auf dem Karlsplatz eine Großkundgebung gegen rechts statt, eine Aktion, die sich aus dem ursprünglich kleiner geplanten Protest gegen den Propaganda-Auftritt der „Demo für alle“-Organisation auf dem Marktplatz ergeben hat. Diese, mit der AfD verbandelte, Gruppierung ist mit einem „Bus für Meinungsfreiheit“ unterwegs. „Meinungsfreiheit“ steht in diesem Fall für eine spezielle Form des Event-Marketings: menschenrechtsfeindliche Propaganda gegen sexuelle Vielfalt und Freiheit.

Der Stuttgarter Aufruf gegen rechts wird inzwischen von so vielen unterschiedlichen Parteien und Initiativen unterstützt, dass sich auch der grüne OB Kuhn und Stuttgarts SPD-Chef Dejan Perc auf die Rednerbühne trauen. Im Mai 2019 sind Kommunalwahlen. Mal schauen, ob die Herrschaften schon besorgt sind.



>> An diesem Freitag um 15 Uhr findet zusätzlich eine Kundgebung der Initiative No Pegida Stuttgart auf dem Marktplatz statt unter dem Motto: "Stuttgart ist und bleibt bunt".



 

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