Bauers Depeschen


Mittwoch, 05. September 2018, 2004. Depesche



 

20 JAHRE FLANEURSALON

IM GROSSEN SAAL DES GUSTAV-SIEGLE-HAUSES

Sonntag, 21. Oktober, 19 Uhr.

Die Jubiläums-Show im Gustav-Siegle-Haus, wo 1998 alles anfing. Durch den Abend führt der Berliner Kabarettist Arnulf Rating. Auf der Bühne des Großen Saals, der Stuttgarter AC/DC-Gedächtnis-Halle: Rolf Miller, Thabilé & Band mit Jens-Peter Abele, Roland Baisch & Michael Gaedt, Stefan Hiss, Toba & Pheel. Spezialgast: Nero Friktschn Feuerherdt.

Gleichzeitig Buchvorstellung: „Im Staub von Stuttgart“.

Eine Veranstaltung in Kooperation mit den Stuttgarter Philharmonikern und der Rosenau.

KARTEN: EASY TICKET Telefon: 0711 / 2 555 555



Hört die Signale!

DAS LIED ZUM TAG



StN-Kolumne vom 29. Setember

CANNSTATT, ALEPPO

Erstmals habe ich Bassam Al-Machout im November 2014 in der Johannesstraße getroffen. Er verkaufte in seinem kleinen Laden in der Nähe des Hölderlinplatzes Aleppo-Seifen. Vermutlich hätte ich die Seifen nicht beachtet, wären wir damals nicht täglich mit Bildern vom Krieg in Syrien konfrontiert worden.

Inzwischen hat sich vieles verändert. Vor vier Jahren kursierten noch nicht die Unwörter „Flüchtlingsflut“, „Flüchtlingsstrom“ und „Flüchtlingswelle“, ehe sie von noch hässlicheren Begriffen wie „Asyltouristen“, „Ausschiffungsplattform“ oder „Ankerzentren“ ergänzt wurden. Heute brüllen Nazis angesichts der Seenot von Flüchtlingen „Absaufen!“, und zwei AfD­Abgeordnete im Stuttgarter Landtag, Stauch und Räpple, feiern mit demselben Satz im Netz den rechten Mob in Sachsen: „Falls ich später mal gefragt werden sollte, wo ich am 27. August 2018 war, als die Stimmung in #Deutschland kippte: Ja, ich war in #Chemnitz dabei!“

2014 war „Aleppo“ für mich beim Blick ins Schaufenster von Bassams Laden nur das Stichwort zu fragen, wie Seifen aus der zerstörten syrischen Stadt nach Stuttgart kämen. Später gab es in Zeitungen und im Fernsehen ausführliche Berichte über Herkunft und Transport der feinen Stücke. Das Geschäft der Firma Zhenobya in meiner damaligen Nachbarschaft im Westen der Stadt lief immer besser.

Seit unserem ersten Treffen besuche ich regelmäßig auch Bassams großes Seifen­lager in der Rosenbergstraße. Der Duft von Olivenöl und Lorbeer, die Grundsubstanz der Seifen, ist umwerfend. Bassams Bruder und Geschäftspartner Nawras ist meistens da, auch andere Mitglieder der Familie. Nie kann ich mir ihre Namen merken. Man drückt mir eine Tasse Tee in die Hand, dann plaudern wir, ehe ich mich mit einer Tüte Seifen für Haut und Haar verabschiede. Ich wasche mich mit nichts anderem mehr.

Bassam (54) hat einen deutschen Pass, seit 32 Jahren ist er in Stuttgart und mit einer Schwäbin verheiratet. Früher hat er Musik gemacht, Laute und Trommel gespielt. Irgendwann hat er mir erzählt, dass er einen arabischen Lebensmittelmarkt mit einer Backwerkstatt zur Herstellung von Fladenbrot plane. Große Sache, habe ich gesagt – und die Angelegenheit vergessen.

Jetzt, Ende August, liegt unser langer, heißer Sommer in den letzten Zügen. Noch einmal fahre ich mit der Bahn zum Neckar. In der Mercedesstraße steige ich aus und spaziere den Cannstatter Wasen entlang. Die Partybauten der Volksfestwirte stehen schon; am 28. September geht es los.

Die Mercedesstraße führt mich zum Veielbrunnenweg. Vertraute Gegend. Blick auf die Backsteingebäude des Stuttgarter Straßenbahnmuseums. Gegenüber, an der Elwertstraße, das Haus mit der Firma des Malers Kauderer, dem Gymnastikraum des TV Cannstatt und der schwäbischen Komödie am Wasen (die ich eher im nahen VfB-Stadion vermutet hätte).

An der Einfahrt zum Straßenbahnmuseum, in Häusern der SSB, eröffnet an diesem Freitag (15.30 Uhr) ein arabischer Supermarkt namens Durra Markets, benannt nach einer Lebensmittelfirma, die seit Kurzem auch deutsche Geschäfte beliefert. Durra ist ein arabisches Wort für Hirse. Bassam Al-Machout und sein Team haben das Geschäft in den vergangenen zwei ­Jahren aufgebaut. Etwa 600 Quadratmeter groß, mehr als 200 allein fürs Backen

Als ich in der Mercedesstraße 23 ein­treffe, wird gearbeitet. Viele Regale sind schon mit Konserven gefüllt, die Theken für Fleisch und Wurst, für Obst und Gemüse noch leer. Ein paar Männer und eine junge Frau sind da. Sie können nicht wissen, ob ich in guter Absicht komme, bieten mir aber schon mal einen Tee an. Ich warte auf Bassam, sage ich. Das genügt. Nach einer Weile kommt er an­gefahren, wir ­gehen durch den Markt.

Nun bin ich kein Fachmann für Geschäftsanalysen, Supermarkt-Tests oder Einkaufstipps. Ich denke aber, dass ein arabischer Markt gut nach Cannstatt passt. Der Migrantenanteil ist vergleichsweise hoch, die Stimmung entsprechend international. 70 000 Menschen leben in diesem östlichen, kontrastreichen Stadtbezirk.

Im neuen Markt ist auch ein Imbiss mit Steinofen. Es wird kleine Spezialitäten aus gefülltem oder belegtem Teig geben – und Gelegenheit zum Plaudern. Das liegt mir naturgemäß mehr als die Beurteilung arabischer Halal-Qualität. Sesamsoße oder arabische Marmelade aber werde ich schon mal probieren.

Bassam findet es schade, dass sich sein Plan, die Backstube hinter Glas ein­zurichten, nicht verwirklichen ließ. Ja, man würde schon gern mal zuschauen, wie die Teigmaschine aus Edelstahl rotiert und Förderbänder Fladenbrote bewegen. Mohannad, der junge Bäcker, wird diesen Laden schmeißen. Er ist Palästinenser, ­geboren in Damaskus. Es gäbe viel zu erzählen. Fluchtgeschichten. Nicht jetzt.

Zur Markteröffnung spielt morgen eine arabische Folklore-Truppe. Vermutlich werde ich öfter aufkreuzen. Nicht nur wegen des Regals mit den Aleppo-Seifen.

 

Auswahl

27.08.2022

24.08.2022

22.08.2022
17.08.2022

14.08.2022

10.08.2022
07.08.2022

06.08.2022


Depeschen 2281 - 2310

Depeschen 2251 - 2280

Depeschen 2221 - 2250

Depeschen 2191 - 2220

Depeschen 2161 - 2190

Depeschen 2131 - 2160

Depeschen 2101 - 2130

Depeschen 2071 - 2100

Depeschen 2041 - 2070

Depeschen 2011 - 2040

Depeschen 1981 - 2010

Depeschen 1951 - 1980

Depeschen 1921 - 1950

Depeschen 1891 - 1920

Depeschen 1861 - 1890

Depeschen 1831 - 1860

Depeschen 1801 - 1830

Depeschen 1771 - 1800

Depeschen 1741 - 1770

Depeschen 1711 - 1740

Depeschen 1681 - 1710

Depeschen 1651 - 1680

Depeschen 1621 - 1650

Depeschen 1591 - 1620

Depeschen 1561 - 1590

Depeschen 1531 - 1560

Depeschen 1501 - 1530

Depeschen 1471 - 1500

Depeschen 1441 - 1470

Depeschen 1411 - 1440

Depeschen 1381 - 1410

Depeschen 1351 - 1380

Depeschen 1321 - 1350

Depeschen 1291 - 1320

Depeschen 1261 - 1290

Depeschen 1231 - 1260

Depeschen 1201 - 1230

Depeschen 1171 - 1200

Depeschen 1141 - 1170

Depeschen 1111 - 1140

Depeschen 1081 - 1110

Depeschen 1051 - 1080

Depeschen 1021 - 1050

Depeschen 991 - 1020

Depeschen 961 - 990

Depeschen 931 - 960

Depeschen 901 - 930

Depeschen 871 - 900

Depeschen 841 - 870

Depeschen 811 - 840

Depeschen 781 - 810

Depeschen 751 - 780

Depeschen 721 - 750

Depeschen 691 - 720

Depeschen 661 - 690

Depeschen 631 - 660

Depeschen 601 - 630

Depeschen 571 - 600

Depeschen 541 - 570

Depeschen 511 - 540

Depeschen 481 - 510

Depeschen 451 - 480

Depeschen 421 - 450

Depeschen 391 - 420

Depeschen 361 - 390

Depeschen 331 - 360

Depeschen 301 - 330

Depeschen 271 - 300

Depeschen 241 - 270

Depeschen 211 - 240

Depeschen 181 - 210

Depeschen 151 - 180

Depeschen 121 - 150

Depeschen 91 - 120

Depeschen 61 - 90

Depeschen 31 - 60

Depeschen 1 - 30




© 2007-2024 AD1 media ·