Bauers Depeschen


Donnerstag, 03. April 2014, 1267. Depesche



--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------



Was war das?

NACHTRAG: Stuttgarter Kickers - FC Saarbrücken 1:0

(In letzter Sekunde)



Vorverkauf hat begonnen

FLANEURSALON IM LAB

Der Flaneursalon gastiert endlich in Stuttgarts ältestem Live-Club, im Laboratorium im Osten: Mittwoch, 28. Mai 2014, 20 Uhr. Mit Stefan Hiss & Freunden, Dacia Bridges & Uwe Metzler (g), Roland Baisch. Es gibt bereits Karten im Internet: LABORATORIUM



Der Klick zum

LIED DES TAGES



Kolumnenpause. Zeit zum Lesen.



DACKEL LUMP

Es gab und gibt in der Geschichte von Stuttgart viele Dackel. Einige von ihnen sind berühmt geworden. Aber nur einer von ihnen hat sich im Glanz künstlerischer Genialität bewegt, und nur er hat großen Werken seine Erhabenheit erwiesen, als er gelassen das Bein hob und die Schöpfung respektlos anpisste. Davon handelt meine Geschichte, die Geschichte vom Dackel Lump.

Während der spanischen Diktatur lebt das Künstlergenie Pablo Picasso in Südfrankreich. Eines Tages, es ist das Jahr 1957, besucht ihn in seiner Villa La California bei Cannes der Fotograf David Douglas Duncan. Der Amerikaner, ein berühmter Kriegsreporter, kommt in Begleitung eines Freundes, eines einjährigen Dachshundes.

Vermutlich hieß der Dackel ursprünglich Lumpi, ich weiß es nicht. Wahr ist, dass Duncan den Dachshund 1956 bei einer Familie in Stuttgart gekauft hat; leider ist mir der Name dieser Leute nicht bekannt.

Obwohl Mr. Duncan ein großer Hundefreund ist, fühlt sich Lump, wie der Hund mit richtigem Namen heißt, bei ihm nicht wohl. Erstens missfällt ihm das Nomadenleben des Kriegsreporters, zweitens hat sein Herrchen noch einen anderen Freund, einen vierbeinigen Afghanen. Der ist nicht nur größer als Lump, er ist auch eifersüchtig und damit das Scheitern der Multikulti-Familie programmiert.

Es konnte nie geklärt werden, ob Duncan seinen Freund Picasso gebeten hat, Lump in Obhut zu nehmen. Oder ob es vielmehr Lump war, der mit fliegenden Ohren zu Picasso überlief. Die Historiker wissen von Picassos magischer Anziehungskraft auf Damen. Lump aber war keine Dame. Vermutlich also flog Picasso auf Lump.

Dass diese Beziehung zustande kam, haben Mann und Hund nicht nur Lumps Stuttgarter Familie zu verdanken. Geholfen hat eine mysteriöse Verkettung glücklicher Stuttgarter Umstände. Womöglich wäre David Douglas Duncan dem Genie Pablo Picasso nie begegnet, hätte ihn nicht Robert Capa, sein amerikanischer Freund, dem Künstler vorgestellt. Capa, selbst ein berühmter Fotograf, hatte früher mit einer jungen Frau namens Gerda Taro zusammengelebt, und hätte er die 1910 in Stuttgart geborene Tochter eines jüdischen Eierhändlers nicht im Pariser Exil getroffen, wäre er nie der große Robert Capa geworden.

Capa war aus Ungarn, schlug sich mehr schlecht als recht unter seinem Namen André Friedmann als Fotograf durch, bevor ihn seine Geliebte zum Weltstar machte. Gerda Taro, neunzehn Jahre lang in der Stuttgarter Alexandrstraße zu Hause, erfand nicht nur sein Image, nebenbei machte sie im Schatten seines Ruhms auch selbst großartige Fotos. 1937 fiel sie nach einem Luftangriff von Hitlers Legion Condor bei ihrer Arbeit als Reporterin im Spanischen Bürgerkrieg. Mehr darüber kann man vielleicht bald in einem Spielfilm erfahren. Der Hollywood-Regisseur Michael Mann (,,Public Enemies") arbeitet an dem Liebesdrama "Waiting for Robert Capa".

Der Starruhm seiner Umgebung dürfte Lump, Stuttgart, im Hause Picasso kaum beeindruckt haben. Schließlich war er selbst auf dem besten Weg, in der internationalen Kunstwelt Fuß zu fassen. Allein zwischen dem 17. August und dem 30. September 1957 verewigt Picasso den Dackel fünfzehn Mal in den 44 Skizzen seiner Serie "Las Meninas". Sollte Lump in diesen Bildern dem einen oder anderen Banausen heute relativ mickrig vorkommen, so ist er doch eine Kunstikone von Weltformat.

Picasso besitzt mehrere Hunde, als Lump bei ihm lebt, keinen aber liebt er so sehr wie seinen Kurzhaardackel aus Stuttgart. Lump ist das einzige Tier, das der Künstler in die Arme nimmt. Sogar Picassos zweite Ehefrau Jacqueline Roque, so wird berichtet, ist eifersüchtig auf Lump. "Lump ist kein Hund", sagt Picasso. "Lump ist auch kein kleiner Mensch. Er ist etwas anderes. Er trägt unsere besten und schlechtesten Eigenschaften in sich."

Nach sechs guten gemeinsamen Jahren schlägt das Schicksal zu. 1963 erkrankt Lump an der Wirbelsäule, ein typisches Dackelproblem. Seine Hinterläufe funktionieren nicht mehr. Als Duncan den Maler wieder mal in der Nähe von Cannes besucht, sieht er den kranken Hund und bringt ihn sofort zum nächsten Tierarzt. Der Veterinär sagt ihm, es sei nichts mehr zu machen. Lump sei unheilbar gelähmt.

Der Fotograf, in zahlreichen Fronteinsätzen gestählt, nennt den Tierarzt einen verdammten Hurensohn, setzt den Dackel spontan auf den Rücksitz seines Autos, einen schwarzen Mercedes SL 300 Gullwing, und fährt noch in der gleichen Nacht nonstop nach Stuttgart. Unterweg füttert er Lump über die Schulter hinweg mit Erdnussbutter-Keksen. In Stuttgart, notiert er später, "gab es einen berühmten Tierarzt, und als er Lumps Pfoten berührte, wusste er sofort, dass Lump nicht gelähmt war." Nach einigen Monaten Behandlung bringt Duncan den Hund in sein Haus nach Rom. "Er lief herum wie ein betrunkener Seemann“, schreibt er, „aber er hatte noch zehn Jahre lang ein gutes Leben."

Über die Geschichte des Stuttgarter Dackels hat Duncan – er arbeitete oft für Mercedes – 2006 einen Bildband veröffentlicht, das Buch heißt: "Lump the Dog who ate Picasso". Hinter dem Titel verbirgt sich eine wahre Begebenheit. Einmal zeichnet Picasso ein Kaninchen auf einen Karton, und als Lump den Hasen sieht, erwacht sein Dachshund-Instinkt. Weil aber für die Jagd nicht ausgebildet, verspeist er das Karnickel samt Karton. Seitdem ist er "der Hund, der einen Picasso fraß". Immerhin hatte diese Aktion mehr Stil als Lumps Angewohnheit, seine Unzufriedenheit mit Picassos Skulpturen auszudrücken – er pisste die Werke mehrfach an. Picasso akzeptierte die Kritik. Lump bezog nie Prügel.

Nachdem er nach Italien umgezogen war, sah der Dackel seinen Herrn nie wieder. Lump starb am 29. März 1973 in Rom. Picasso zehn Tage später in Mougins.



BEITRÄGE schreiben im LESERSALON (bitte anklicken)



FRIENDLY FIRE:

NACHDENKSEITEN

INDYMEDIA

BLICK NACH RECHTS

INDYMEDIA

FlUEGEL TV

RAILOMOTIVE

EDITION TIAMAT BERLIN

Bittermanns Fußball-Kolumne Blutgrätsche

VINCENT KLINK

KESSEL.TV

GLANZ & ELEND

 

Auswahl

27.08.2022

24.08.2022

22.08.2022
17.08.2022

14.08.2022

10.08.2022
07.08.2022

06.08.2022


Depeschen 2281 - 2310

Depeschen 2251 - 2280

Depeschen 2221 - 2250

Depeschen 2191 - 2220

Depeschen 2161 - 2190

Depeschen 2131 - 2160

Depeschen 2101 - 2130

Depeschen 2071 - 2100

Depeschen 2041 - 2070

Depeschen 2011 - 2040

Depeschen 1981 - 2010

Depeschen 1951 - 1980

Depeschen 1921 - 1950

Depeschen 1891 - 1920

Depeschen 1861 - 1890

Depeschen 1831 - 1860

Depeschen 1801 - 1830

Depeschen 1771 - 1800

Depeschen 1741 - 1770

Depeschen 1711 - 1740

Depeschen 1681 - 1710

Depeschen 1651 - 1680

Depeschen 1621 - 1650

Depeschen 1591 - 1620

Depeschen 1561 - 1590

Depeschen 1531 - 1560

Depeschen 1501 - 1530

Depeschen 1471 - 1500

Depeschen 1441 - 1470

Depeschen 1411 - 1440

Depeschen 1381 - 1410

Depeschen 1351 - 1380

Depeschen 1321 - 1350

Depeschen 1291 - 1320

Depeschen 1261 - 1290

Depeschen 1231 - 1260

Depeschen 1201 - 1230

Depeschen 1171 - 1200

Depeschen 1141 - 1170

Depeschen 1111 - 1140

Depeschen 1081 - 1110

Depeschen 1051 - 1080

Depeschen 1021 - 1050

Depeschen 991 - 1020

Depeschen 961 - 990

Depeschen 931 - 960

Depeschen 901 - 930

Depeschen 871 - 900

Depeschen 841 - 870

Depeschen 811 - 840

Depeschen 781 - 810

Depeschen 751 - 780

Depeschen 721 - 750

Depeschen 691 - 720

Depeschen 661 - 690

Depeschen 631 - 660

Depeschen 601 - 630

Depeschen 571 - 600

Depeschen 541 - 570

Depeschen 511 - 540

Depeschen 481 - 510

Depeschen 451 - 480

Depeschen 421 - 450

Depeschen 391 - 420

Depeschen 361 - 390

Depeschen 331 - 360

Depeschen 301 - 330

Depeschen 271 - 300

Depeschen 241 - 270

Depeschen 211 - 240

Depeschen 181 - 210

Depeschen 151 - 180

Depeschen 121 - 150

Depeschen 91 - 120

Depeschen 61 - 90

Depeschen 31 - 60

Depeschen 1 - 30




© 2007-2024 AD1 media ·