Bauers Depeschen


Montag, 11. November 2013, 1200. Depesche



 



ZEITUNGSSTREIK

Ein großer Teil der Journalistinnen und Journalisten der Stuttgarter Tageszeitungen streikt am heutigen Montag und fährt solidarisch mit den Kollegen aus anderen Städten zu einer Kundgebung nach Ulm. Die Arbeitgeber wollen Leistungen kürzen, die laufenden Tarifverhandlungen versprechen nichts Gutes.



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LIED DES TAGES



Die StN-Bundesliga-Kolumne:



ANSICHTEN EINES CLOWNS

Ehre und Pflicht verletzend nahm ich am 16. Spieltag der 3. Liga NICHT meinen Stammplatz im B-Block ein. Schlechten Gewissens setzte ich mich erstmals seit Jahren auf die Haupttribüne (der Begriff „Haupttribüne“ ist leicht anmaßend: Auf unserem Fußballplatz gibt es außer der einen Sitztribüne nur eine Stehtribüne).

Ich muss zugeben, die Aussicht auf die Baumwipfel über dem Dach unserer gegenüberliegenden Stehplätze ist einzigartig, betörend. Auch hatte ich nie die schönen Tücher mit den heiligen Fan-Botschaften „Blaues Blut“ und „Jesus“ gesehen, so wenig wie das Transparent unserer Jungs, die Stadion­verbote anprangern und in tadel­losem Vier-Buchstaben-Englisch kundtun, dass sie Polizisten nicht besonders schätzen.

Neben dem optischen Vorteil verschafft einem das Tribünensitzen während der fußballerischen Darbietung vor allem einen besseren Sound. Ich konnte die Worte unseres Fußballplatz-Sprechers verstehen, sogar bei der Nennung des Torschützen, den wir auf der Stehtribüne oft mit dem Taschentelefon ermitteln. Wir haben keine Videowand, was aber keine Rolle spielt, weil die Stuttgarter ­Kickers auch ohne sie hochverdient mit 1:0 gegen den FC Halle gewannen.

Das Fan-Dasein beschäftigt die Öffentlichkeit leider nur dann, wenn es Randale und Feuerwerke im Stadion gibt. Was es mit dem Fußball an sich auf sich hat, ist selten ein Thema. Das aktuelle „11 Freunde“-Heft behandelt unter der Schlagzeile „Wer bin ich?“ dankenswerterweise die Fan-Kultur; Redakteure internationaler Magazine äußern sich zu Fragen wie „Ultras, neue Kraft oder Auslaufmodell?“, „Wie wichtig ist der Fußball in Europa?“ oder „Was ist Fußballkultur?“. Letzteres Thema beantwortet der Spanier Aitor Lagunas so: „Fußball ist ­integraler Bestandteil unserer Gesellschaft, genau wie Kino, Musik und jede andere künstlerische Ausdrucksform. Man kann das Spiel politisch, soziologisch, künstlerisch, sogar psychologisch betrachten und bewerten, das macht Fußballkultur aus.“

Müsste ich unter diesen Kriterien meinen Stehplatz in der 3. Liga betrachten, wäre ich womöglich leicht überfordert. Grundsätzlich aber hat der Spanier recht. Die künstlerische Bewertung des Fußballs etwa hat uns Barcelonas Spieler Iniesta gelehrt: „Eine Niederlage ist niemals ein Fiasko. Ein Fiasko wäre es, wenn wir auf unseren Stil verzichten würden . . .“ Damit sagt er, was Kunst ausmacht: eine Haltung. Deshalb war der Barca-Stil ein fußballerischer Fortschritt von der sportlichen Unterhaltung hin zur künstlerischen Darbietung.

So gesehen ist es läppisch, wenn Kommentatoren fordern, der „Fortschritt“ im Fußball müsse mit Torkameras und Ball-Chips vor­angetrieben werden. Seit Leverkusens Kießling den Ball durch Hoffenheims lädiertes Außennetz geköpft und der Schiri das Kunststück als Tor gewertet hat, wettert man, so etwas müsse verhindert werden. Es gehe um „Gerechtigkeit“ und „Geld“. Erstens ist der Gedanke erheiternd, das Verteilen von Geld hätte etwas mit Gerechtigkeit zu tun. Zweitens hat ein Spiel niemals die Aufgabe, gerecht zu sein (sonst dürfte der Weltclub FC Bayern nicht gegen den Provinzverein SC Freiburg in derselben Liga antreten). Die Fußball-Technokraten verwechseln Technikgläubigkeit mit Fortschritt. Ihre Gier nach Bildbeweisen nimmt dem Spiel seinen dramatischen Stoff, seine göttlichen Zufallsmomente, seine himmelschreienden Schicksalschläge.

Die Anerkennung eines irregulären Tors ist oberscheiße, aber menschlich wie ein grandioser Patzer des Torhüters Hildebrand. In beiden Fällen erleben wir bleibende Szenen klassischer Unterhaltungskunst: das Unglück des Clowns an­gesichts der Tücke des Objekts.

Und nächstes Mal stehe ich wieder.



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