Bauers Depeschen


Dienstag, 29. Oktober 2013, 1193. Depesche



HEUTE, CAFE WEISS

Wofgang Schorlau, Roland Baisch und ich machen an diesem Dienstag im Café Weiß einen kleinen Lese- und Liederabend. Motto: "Die Papiertiger". 19 Uhr. Eintritt frei. 07 11/24 41 21

Nachtrag: War ein schöner Abend, viel Zustimmung von den Gästen.



DIE NACHT DER LIEDER

Für "Die Nacht der Lieder" gibt es noch Karten: Die große Benefiz-Show zugunsten der Aktion Weihnachten der StN am 10. und 11. Dezember im THEATERHAUS - 07 11/4020 720



Der Klick zum

LIED DES TAGES

 

Die aktuelle StN-Kolumne:



DER STUTTGART-MANN

Müsste ich ihm eine Schlagzeile widmen, würde sie lauten: „Peter Grohmann ist nicht zu fassen.“ Wie auch. Ständig unterwegs, wenn nicht auf der Straße, dann in­ ­Gedanken, und die sind zurzeit noch frei. Am ­vergangenen Sonntag, an seinem 76. Geburtstag, hat Herr Grohmann seine „politische Biografie“ vorgestellt: „Alles Lüge außer ich“ (Silberburg Verlag). Die Buchpräsentation ging zur Mittagszeit im ­Theaterhaus über die Bühne, am Tag, als die Nachricht kam, der Rockstar Lou Reed, 71, sei tot. In meinen späteren Erinnerungen, sofern ich noch welche habe, werde ich beide ­Ereignisse im Zusammenhang ­betrachten. Lou Reed war der singende Poet seiner Stadt, der New York City Man. Peter Grohmann ist der Komödiant und Marktschreier, der Chronist und Aufrüttler seiner Stadt. Er ist ein Stuttgart-Mann. Und ein Bänkelsänger. Einer, der den Leuten etwas erzählt, sie aufweckt, sie ­informiert über ihre Stadt. Man lernt viel über Stuttgart bei der Lektüre seines neuen Buchs, auch wenn seine Geschichten ­logischerweise weit über den Kessel hinausreichen. Grohmann hat einige Stationen hinter sich gelassen seit seiner Geburt am 27. Oktober 1937 in ­Breslau, Schlesien.

Bevor ich mich an diese Zeilen gesetzt habe, wurde ich im Taxi eines iranischen Fahrers Zeuge eines Hörer-Quiz im Radio: Wie hießen die Geschwister, die als Studenten während der Hitler-Diktatur in München Flugblätter gegen die Nazis verteilten? A) Stauffenberg? B) Elser? C) Scholl.

Am Telefon witzelt eine junge Frau, ihr Lehrer habe ihr schon beim Abitur gesagt, sie sei schlecht in Geschichte. Sie kennt die ­Geschwister Scholl nicht, muss raten.

Diese Art Geschichtsbewusstsein ist ­heute nichts Außergewöhnliches, und ­gewissen Politikern scheint diese politische Ahnungslosigkeit zu gefallen, sonst wären sie nicht dagegen, im Hotel Silber, der ehe­maligen Gestapo-Zentrale am Karlsplatz, einen Lernort für die Auseinandersetzung mit den alten und neuen Nazis ein­zurichten.

Peter Grohmann ist einer, der zeit seines Lebens Ideen gegen das Lügen und Verleugnen von Geschichte entwickelt hat. Er hat Die Anstifter mitgegründet; eine Bürger­initiative, die sich unter anderem um die Stolpersteine in der Stadt kümmert, um die Aktion des Berliner Künstlers Gunter ­Demnig zur Erinnerung an die ­Opfer der Nazi-Diktatur. Der Sozialdemokrat ­Albrecht Müller, 75, einst Planungschef im Bundeskanzleramt von Willy Brandt und Helmut Schmidt, hat dieser Tage in seinem Internet-Magazin „Nachdenkseiten“ ­geschrieben: ­„Peter Grohmann ist ein ­bewundernswerter Demokrat. Er hat ­zusammen mit Freunden Die Anstifter e. V. ­geschaffen – ein Modell für Ähnliches in anderen Städten und ­Regionen, wenn es denn Grohmanns überall gäbe.“

Mehr Lob geht nicht. Den wahren Grohmann, diesen verschmitzten Zündler und auf Sächsisch kommandierenden Feuerwehrhauptmann der außerparlamentarischen Opposition, erlebt man auf der Straße und auf der Bühne, wobei ich nie genau weiß, wie er die Sache sieht: Ist seine wahre Bühne die Straße – oder die Bühne die ­Fortsetzung der Straße? Spielt keine Rolle. Hauptsache, ­Theater. Seine Stücke haben auch leise, lyrische Töne. Dabei muss man ­wissen, dass er auch das Theaterhaus mit­begründet hat, Anfang der Achtzigerjahre in Wangen, als einige Herrschaften im ­Rathaus noch dachten, „alternative ­Kultur“, das ­Bühnentreiben außerhalb der staat­lichen Häuser, sei nur ein anderes Wort für Terrorismus. Solche Situationen überlebt ein rebellischer Kopf, der auch etwas haben will vom Leben, nur mit Humor. Peter Grohmann ist Kabarettist: ein professioneller Komiker und Satiriker, sich für keine Nummer zu schade, so sie der Wahrheits­findung und der Sache dient.

Wer ihn auf den Demos gegen Stuttgart 21 mit seiner Sammelbüchse und seinem Bauchladen trifft, erlebt einen Gaukler, einen Straßenprediger, der auch bei Polizisten Immunität zu genießen scheint. Dann verteilt er seinen von ihm ­verfassten „Bürger­brief“, und jeder weiß, was Oma Glimbzsch aus Zittau über die Leute denkt, wenn sie Thüringer Klöpse kocht.

Bis heute ärgert es ihn, dass man ihn in den rebellischen Sechzigern für einen ­Studenten hielt. Er war ein Arbeiter, gelernter Schriftsetzer, der politische Schüler großer Stuttgarter Widerstandsgeister wie Fritz Lamm und Eugen Eberle. Mit diesen Männern besprach er die Weltlage schon 1967 im Club Voltaire in der Leonhard­straße 8. Und er war ein Spaßguerillero, der während des Vietnamkriegs beim Spiel gegen Dortmund mit Freunden im Neckar­stadion das legendäre Transparent entrollte: „Borussia grüßt die Kumpel von Hanoi. – Der VfB grüßt den tapferen Vietcong“.

Peter Grohmann weiß viel, er hat eine Menge erlebt seit den Dresdner Bombennächten. Im Buch erzählt er, wie der Apo-Vordenker Rudi Dutschke eine Weile in Stuttgart wohnte, nachdem ihn der Münchner Attentäter Josef Bachmann in Berlin niedergeschossen hatte. Dutschke, schreibt er, „hatte wieder sprechen lernen müssen, blieb unerkannt in der Stadt der Auslands­deutschen, unerkannt in der Mensa der Uni Hohenheim. Sein Sohn Che besuchte den Kinderladen am Neckartor.“

Peter Grohmanns Biografie handelt aber nicht nur von der Vergangenheit, er sieht auch in die Zukunft: „Momentan plane ich meine Beerdigung. Langfristig, sehr langfristig. Es soll ein Fest werden. Ich hoffe, Sie sind dabei. Ich auch.“



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