Bauers Depeschen


Samstag, 24. August 2013, 1161. Depesche



 



NACHTRAG: Stuttgarter Kickers - VfB Stuttgart II 0:2



Lieber Zu Weit Gehen Als Gar Nicht.



FLANEURSALON IM THEATERHAUS -

MIT DACIA BRIDGES & WOLFGANG DAUNER

Montag, 4. November, THEATERHAUS, 20 Uhr: 15 Jahre Joe Bauers Flaneursalon, die Geburtstagsshow mit Dacia Bridges & Wolfgang Dauner, Toba Borke & Pheel, Los Santos (mit Stefan Hiss), Roland Baisch - und als Gast Uta Köbernick. Vorverkauf läuft. Kartentelefon: 07 11 / 4020 720.



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LIED DES TAGES

(Die Band spielt an diesem Dienstag im Theaterhaus)



Die aktuelle StN-Kolumne:



FOOD LOUNGE

Mitte des 19. Jahrhunderts ließ Wilhelm I. am Schlossplatz den Königsbau errichten. Seine Location für VIP-Partys, Musik-Events und Shopping-Trips. Vermutlich war der Königsbau eine mega-coole Venue, bevor sie Investoren Anfang des 21. Jahrhunderts zu einem Center mit Food Lounge fürs Relaxen umbauen ließen. Sechsundzwanzig „kulinarische Treffpunkte“, heißt es, gibt es neuerdings im Königsbau.

Die Deutung des Begriffs „kulinarisch“, gemeinhin der guten Küche gewidmet, überlasse ich den Köchen und Feinschmeckern. Dass ich an den „kulinarischen Treffpunkten“ im Königsbau jemanden treffen will, glaube ich eher nicht. Zum Austausch über die Stadtflucht und den Fluch der Stadt sollten wir ein Wirtshaus wählen, das die Marketing-Barbaren auf ihrem Beutezug vergessen haben.

Loswerden muss ich noch, dass Wilhelm I. den Königsbau als Geschäfts-, Konzert- und Ballhaus errichten ließ. Damit habe ich fast alle eingangs gebrauchten ­An­geber- und Verschleierungswörter übersetzt. ­Außer der heute gern gebrauchten Venue; dieses Wort bedeutet auch bloß Veranstaltungsort, so wie sich hinter einer Location nur ­eine ­Adresse und hinter dem Event meist nicht mehr als ein Allerweltspups mit No-go-Area verbirgt. Die Bezeichnung Food Lounge wiederum erinnert an eine auf­geblasene Wurst; gerecht werden wir ihr übersetzungsmäßig mit Schnellfressbuden-Geschoss für ­Döner, Donuts, Trallala.

Bei Martha’s im Königsbau gibt es Curry-Würste vom Hällischen Landschwein, Flammkuchen mit Speck und solche ­Sachen. Die Öko-Loge befindet sich allerdings zwei Stockwerke unter der Food Lounge, nämlich im Erdgeschoss, weshalb nicht klar ist, ob sie sich noch zu den „kulinarischen Treffpunkten“ zählen darf. Vorsichtshalber hat Landschwein-Martha auch Champagner im Angebot; es könnte sonst der Verdacht aufkommen, im Königsbau habe sich neben sechsundzwanzig Fast-Food-Buden eine Imbissbude eingenistet.

Das Stadtleben im Event-Location-Dschungel ist kompliziert geworden. Wer kann schon wissen, welchen von sechs­undzwanzig Futtertrögen eine arme Sau ­auf­suchen muss, wenn sie stinknormalen Kohldampf schiebt.

Die Angst, zwischen den flammenden Highlights urbaner ­Kulinarik das Augenlicht zu verlieren, treibt viele Städter aufs Land. Wenn auch oft nur in Gedanken. Es sind die Großstädter, die millionenfach Wald- und Wiesenmagazine wie „Landlust“ verschlingen. Auf dem Dorf ist die Welt noch in Ordnung. Da hat noch keine Investoren-Mafia die Wirtschaft Zum Goldenen Ochsen in eine Food Lounge umgebaut. Wehrhaft ­wurde sie verteidigt und erhalten. Heute heißt sie Pizzeria Ochsen da Toni.

Neulich, im Dunstkreis der Food Lounge, packte mich die Landlust, und so fuhr ich auf direktem Weg vom Königsbau zu einem der drei Kaiserberge, um dortselbst mit der Aussicht auf die anschließende Belohnung in einem anständigen Wirtshaus die Burgruine Hohenrechberg zu erklimmen. Oben angekommen, landete ich nicht wie erwartet in einer Lounge übrig gebliebener Staufer. Ich traf auf eine Horde glatzköpfiger Typen; Schriftzug und Wappen auf ihren T-Shirts ließen keine Zweifel: Es waren Rassisten, Neonazis. Alte Burgen sind beliebte Treffpunkte dieses Gesindels, und Eingeweihte nennen den Hohenrechberg auch Reichsberg.

Die Landluft, das Parfüm der ­sogenannten Idylle, ist mit Vorsicht zu genießen. Gut, im Wald sah ich neben Nazis auch Brombeeren und Erdbeeren. Aber schlecht war mir noch lange. In der Stadt fühle ich mich sicherer beim ­Spazierengehen, auch wenn die Fast-Food-­Ingenieure von Stuttgart 21 nicht wissen, ob der Bahnhofsturm auf Stahlbeton- oder Eichenholz­pfählen steht, wenn er fällt.

Es gibt nur einen Weg, Landluft zu atmen, ohne an den Abgründen der Dörfer zu landen. Er führt zu unserem bewaldeten Bolzplatz, zu den Stuttgarter Kickers, wo beim Blick auf die Motorik und Technik unserer Fußballspieler die Frage ­immer wieder neu gestellt ­werden muss: Haben sie Stahlpfähle oder Holzlatten?

Wenn wir uns am Sonntag in der Loser-Lounge des B-Blocks versammeln, um ­unsere Mannschaft im großen Derby gegen den VfB II zum Sieg zu führen, dann wissen wir: Unsere Natur- und Schmalkost-Bude auf der Waldau steht auf tönernen Füßen. Aber eine so geile Event-Location wie unser ­Degerloch findest du sonst nirgendwo.



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