Bauers Depeschen


Donnerstag, 25. April 2013, 1095. Depesche

TAGEBUCH-NOTIZ

Adios, compañeros. Fußball wird inzestiös.



SALON-MITTEILUNGEN

Nachdem ich am Mittwochabend im Wilhelmspalais an der Präsentationsshow von Thomas Geigers Roman "Autoreverse", einer Stuttgarter Rock 'n' Roll-Geschichte, mitgewirkt habe, muss ich heute auf Termine in eigener Sache hinweisen: Am 1. Mai steigt das Fest zum zweijährigen Bestehen der Online-Zeitung kontext im Theaterhaus. Auf die Bühnen gehen der Kabarettist Florian Schröder, die Weltmusik-Band Volxtanz - und unsereins als Festredner. Beginn ist um 20 Uhr. - Am Mittwoch, 8. Mai, muss ich wohl bei der Wiedereröffnung des Café Weiß in die Bütt, und am Freitag, 10. Mai, bin ich bei der Lesung im Kino Cinema in der Reihe "10. Mai" dabei; am 10. Mai 1933 verbrannten die Nazis auf dem Berliner Opernplatz die Bücher von Schriftstellern. - Und nicht vergessen unsere ureigenste Angelegenheit: Für den Flanersalon am Freitag, 17. Mai, im Theater Rampe sind inzwischen zwei Drittel der Karten weg. Könnte voll werden.

FLANEURSALON IN DER RAMPE: INFOS UND VORVERKAUF

 

DAS LIED DES TAGES



Ein Blick zurück ist manchmal ganz interessant - die folgende StN-Kolumne ist 2009 erschienen:



STUTTGART ERBLINDET

Einen der letzten Sommertage des Jahres habe ich am Strand der Konrad-Adenauer-Straße verbracht. Die Adenauerstraße zieht sich zwischen Theatern, Bibliotheken und Museen hin, als habe ein geistesgestörter Außerirdischer die Stadt mit dem Tranchiermesser bearbeitet. Auf der Asphaltspur, die er zurückgelassen hat, geben die Autofahrer Gas. Sie haben Angst. Irgendwo lauert immer ein Stadtplaner mit Tranchiermesser.

Ein scheußlicher Anblick, die geteilte Stadt.

Zwischen Staatsgalerie und Haus der Geschichte hat man vor Jahren ein Becken mit Wasserspielen angelegt und farbenfroh gestrichen. Das Wasser leuchtet sehr blau, lenktvon der Autobahn und der geistigen Umnachtung der Stadtplaner ab.

Schauspielhaus und Opernhaus auf der anderen Seite der Autobahn scheinen halbwegs geborgen im Schlossgarten zu überleben. Geht man Richtung Alte Staatsgalerie am Strand gegenüber, fühlt man sich im Niemandsland. Keiner weiß, wo es langgeht und wie weiter. Man trifft zur Mittagszeit kaum einen Spaziergänger, obwohl die Gegend viel verspricht. Stadtbücherei, Landesbibliothek, Musikhochschule, Haus der Geschichte, Neue und Alte Staatsgalerie. Das Lokal Tempus mit seiner Terrasse hat geöffnet. Mit etwas Fleiß könnte man ein kluger Mensch werden im Quartier.

Im Eingangsbereich der Stadtbücherei sitzen Menschen. Die Kerle mit den Tranchiermessern scheinen sie verschont zu haben. Die Menschen in der Bücherei lesen Zeitung, das gibt mir Hoffnung. In der Zeitung steht, der Grüne Cem Özdemir habe den spektakulären Wahlkampf-Plan aufgegeben, seinen Vaterschaftsurlaub anzutreten. Die Partei gehe vor. Herr Özdemir, davon bin ich überzeugt, wird nach seiner gescheiterten Baby-Nummer eine neue Image-Kampagne starten: Bei nächster Gelegenheit legt sich Onkel Cem ins Wochenbett.

Die Werbung für ihn wäre gut und auch seine Frau mal wieder in der "Bild"-Zeitung. Herr Özdemir ist der kalauerschwangere Wortspielheld der Provinzpolitik. Nicht lange her, da ließ er in einem üblichen Anflug von Größenwahn den Slogan verbreiten: "Yes, wie Cem". Seine Wahlkampftruppe nannte sich Zempions.

Das gefällt mir: Das Zembalo spielt in der Zemperoper, und in den Köpfen rieselt Zement.

Die Kulturmeile, der tote Strand an der Adenauerstraße, wird seit Jahren immer weiter an den Rand der Innenstadt und aus dem Bewusstsein der Leute gedrängt. Die Kulturmacher und Wirte fühlen sich überfahren. Die Neue Staatsgalerie mit ihrer bahnbrechenden Architektur gerät vollends ins Abseits. James Stirlings Bau ist ein Stuttgarter Glücksfall, doch mit ihren Baudenkmälern konnte diese Stadt noch nie viel anfangen. Die Abrissbirne ist ihr näher.

"Stuttgart erblindet", schrieb neulich das Wochenblatt "Die Zeit". Es ging um den Abriss des Hotels Silber zugunsten eines Shopping-Centers in der Dorotheenstraße. Ich zitiere: "Dieses Hotel steckt voller Erinnerungen, es war sechs furchtbare Jahre lang die Zentrale der Gestapo, viele Gegner der Nationalsozialisten wurden hier eingesperrt, gefoltert, gemordet. Doch das scheint Land und Stadt nicht zu kümmern. Während Berlin, Köln, Nürnberg, selbst München mit Gedenkstätten an ihre NS-Geschichte erinnern, übt sich Stuttgart in kaltem Pragmatismus: zu teuer, zu umständlich, zu aufwendig sei es, das Hotel Silber zu erhalten."

Mit dem Argument der Politiker, nur noch wenig an dem Gebäude sei authentisch, fügt die Zeit hinzu, "könnte Stuttgart auch das nahe gelegene Schloss abreißen, an dem so gut wie nichts mehr original ist".

So sehen das Leute von außen. Ich kehre zurück an den Strand der Konrad-Adenauer-Straße. Der Sommer war zu Ende, das Wasser im Becken würde bald versickern. Blieb noch etwas Zeit für einen Abstecher hinter die Museen und Bibliotheken, ins Gerichtsviertel, Urbanstraße. Lange muss man suchen, bevor man an der Mauer des Landgerichts eine Inschrift entdeckt, die man nach vielen Diskussionen erst 1994 angebracht hat:

"Den Opfern der Justiz im Nationalsozialismus zum Gedenken. Hunderte wurden hier im Innenhof hingerichtet. Den Lebenden zur Mahnung."

Die Lebenden planen Shopping-Center.



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