Bauers Depeschen


Samstag, 29. September 2012, 985. Depesche

HEUTE GROSSE STUTTGARTER DEMO -

13.00 UHR: BAHNHOF

14.30 UHR: SCHLOSSPLATZ



AN DIESEM SAMSTAG, 29. September, findet vor dem zweiten Jahrestag des "Schwarzen Donnerstags" (30. September) die Stuttgarter Großdemo dieses Herbstes statt. Die Kundgebung steht unter dem Motto "Empört Euch!" und geht thematisch über S 21 hinaus, sie behandelt Justizwillkür, Spekulantengier, Stadtzerstörung, Bankendiktatur - und läuft so:

13 UHR HAUPTBAHNHOF: Stuttgarts ehemaliger Bahnhofsvorsteher Egon Hopfenzitz geht mit seinem Florenzer Pendant Tiziano Cardosi auf die Bühne; der Italiener kämpft in seiner Heimat gegen ein Großprojekt der von ehemaligen Automanagern geführten Bahn. - Danach Demozug zum Schlossplatz.

14.30 UHR SCHLOSSPLATZ: Es reden Walter Sittler, Volker Lösch, Michael Wilk (Arzt und Aktivist, Frankfurt am Main), Dieter Reicherter, Winfried Wolf (Berlin), Joe Bauer.

Musik: Mood a.k.a., Rapper Toba Borke, Kleines Elektronisches Weltorchester (Mannheim), Trommlergruppe Lokomotive Stuttgart.

AM SONNTAG, 30. September, findet im Mittleren Schlossgarten der zweite Gedenktag zum Angriff der Polizei-Wasserwerfer auf die Demonstranten gegen Stuttgart 21 statt. Lesungen, Musik. Beginn: 11 Uhr.



Buch-Premiere mit Flaneursalon im Theaterhaus:

IM KESSEL BRUMMT DER BÜRGER KING

Am Sonntag, 18. November (19.30 Uhr), stelle ich im Stuttgarter Theaterhaus meine neue Textsammlung vor: "Im Kessel brummt der Bürger King - Spazieren und über Zäune gehen in Stuttgart". 55 Glossen und Geschichten, mehr als 190 Seiten, mit einem Nachwort von Wiglaf Droste. Das Buch erscheint demnächst in der EDITION TIAMAT BERLIN. Zur Premiere gibt es einen Flaneursalon mit dem lesenden und Basstrompete spielenden Meisterkoch Vincent Klink (begleitet von Patrick Bebelaar am Klavier), mit Los Santos (Stefan Hiss), Toba Borke & Beatboxer Pheel, Dacia Bridges - und Roland Baisch als Conférencier. Karten über die Telefonnummer 07 11/40 20 720 und im Internet: THEATERHAUS



SOUNDTRACK DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



KÜRBISSE VERBOTEN

Als sich neulich Frau Merkel aus Berlin und Herr Hollande aus Paris in Ludwigsburg trafen, um den 50. Jahrestag von Charles de Gaulles „Rede an die Jugend“ zu feiern, konnte ich leider nicht mitmachen. Das hatte weniger mit meiner unjugendlichen Gesamtsituation zu tun als mit einer ­Gäste-Anweisung, die ich von Rechts wegen gar nicht zitieren dürfte. Sie wurde nämlich „vertraulich“, als streng geheime Liste an geladene Jugendliche in Deutsch und Französisch verschickt. Überschrift: „Objets ne pouvant être apportés. – Gegenstände, die nicht mit­gebracht werden dürfen“.

Auf der Verbotsliste standen: alkoholische Getränke, Fahnen und Banner, ätzende und färbende Substanzen, Druckgasflaschen, pyrotechnische und leicht brennbare Gegenstände, Haustiere (außer Blindenhunde), extremistisches Propagandamaterial und Waffen. Bis zu diesem Punkt wäre ich gut klargekommen. Ich hätte meine 44er Magnum von Smith & Wesson aus dem Stiefel genommen, meine Krokodile und ­Pythons zu Hause gelassen, und selbst auf meine obligatorische Druckgasflasche im Hosensack wäre mal geschissen gewesen.

Dann allerdings entdeckte ich auf der Verbotsliste einen Posten, der es mir endgültig vergällte, Frau Merkel und Herrn Holl­ande die Ehre zu erweisen. Bei den untersagten Objekten fand ich das Wort „Potirons“, zu Deutsch: Kürbisse. Und da hört der Spaß auf.

Hätte General de Gaulles etwas von diesem Umgang mit der Etikette mitbekommen, würde er heute noch einmal die Résistance bemühen. Es ist ein übler Verstoß gegen Anstand und Höflichkeit, gegen Sitte und politische Moral, einem Mann das ­Mitführen seiner Kürbisse zu verbieten. Den Sicherheitsbeamten, all den hell­wachen Typen von Verfassungsschutz, Militärischer Abschirmdienst und anderen Spitzeldiensten, hätte doch klar sein müssen: Ich gehe niemals ohne Kürbisse aus dem Haus. Schon gar nicht, wenn Frau ­Merkel wartet. Frau Merkels Erscheinung schreit geradezu nach einem Mann mit ­Kürbissen im Hosenanzug.

Frau Merkel ohne einen Kürbis unter die Augen zu treten, wäre schlimmer, als ­Monsieur Hollande mit einem Laubfrosch zwischen den Zähnen Bon jour zu sagen.

Ich werde dies Frau Merkel sagen, spätestens wenn sie im Oktober nach Stuttgart kommt, um ihren CDU-Zögling im OB-Wahlkampf zu promoten. „Hören Sie mal, Frau Merkel“, werde ich sagen, „Ihr Bäckerbursche hängt die ganze Stadt mit hässlichen Papp-Brezeln zu. Wieso darf ich keine echten Kürbisse mit mir herumtragen?“

Mir ist klar, was da läuft. Zuerst beschnitt die Merkel die demokratischen Rechte der Bürger. Dann hetzte sie Mappus mit Wasserwerfern auf uns und erklärte Kastanien zu Pflastersteinen. Jetzt, kurz vor dem zweiten Jahrestag des Schwarzen Donnerstags, verbietet sie Kürbisse.

Aber das wird sie nicht retten. Zwar trägt der von der Partei unterstützte parteilose CDU-Azubi im Wahlkampf seinen Kürbis ziemlich weit oben. Nach jüngsten Umfragen aber liegt die Brezel nicht vorne. Und man weiß nicht, ob der Teig noch auf­gehen wird mithilfe der Propaganda.

Die Stuttgarter Internet-Zeitung „kontext“ hat diese Woche Enthüllungen über den Stuttgarter OB-Wahlkampf von 1996 ver­öffentlicht. Demnach hat die Deutsche Bahn im Endkampf „die Krisen- und Lobby­agentur Burson-Marsteller damit beauftragt, für die Kandidaten zu intervenieren, die den Bau eines Tiefbahnhofs unterstützen“. Schon damals war klar, dass es bei Stuttgart 21 um Bodenspekulation und einen monströsen Haufen Immobilienkohle ging. Das belegen auch gut erhaltene Broschüren der Gegner aus dem Jahr 1996.

Um den OB-Posten stritten sich damals der CDU-Kandidat Wolfgang Schuster und der Grüne Rezzo Schlauch; der SPDler Rainer Brechtken fungierte als Steigbügel­halter der Schwarzen. Er trat, obwohl völlig chancenlos, auch im zweiten Wahlgang an, auf Kosten der Grünen.

Die Mittel für die Spezialpropaganda-Agentur, das weiß man heute, hätte sich die Deutsche Bahn sparen können. Der Grüne Realo Schlauch, später Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, hätte – wie seine Parteifreunde im Land – den Teufel getan, um es sich mit seinen Party-Kumpeln aus der Finanzindustrie zu verscherzen.

Vom Sozen Brechkten war nach seiner Agentenhilfe für die CDU und Stuttgart 21 nur noch gelegentlich zu hören, in seiner Eigenschaft als Präsident des Schwäbischen Turnerbundes. In diesem Amt wird er demnächst von seinem Parteigenossen Drexler abgelöst. Der hat einst Klimmzüge als Stuttgart-21-Sprecher gemacht.

Wer jetzt behauptet, diese Geschichten seien so frisch wie ein Halloween-Kürbis vom vergangenen Jahr, der vergisst: Im Prinzip hat sich nichts geändert. Im Kern geht es immer um die gleichen faulen Kür­bisse. Lediglich die Rezepte der politischen Propaganda­ hat man verfeinert. 



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