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Donnerstag, 24. Mai 2012, 916. Depesche



ALARM: Der Vorverkauf läuft ... und stagniert bedrohlich

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Sonntag, 24. Juni: Flaneursalon-Show am Neckarufer



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Die aktuelle StN-Kolumne:



JA, DER LIEBE BÜRGER

Die Politiker und ihre Marketing-Gehilfen haben eine neue Modemarke unters Volk gebracht, den „Bürgerdialog“. Hierzulande lassen die Grünen, allen voran ihr Aphorismen-Prediger Kretschmann, keine Gelegenheit aus, sich als Wegbereiter einer neuen „Bürgerbeteiligung“ darzustellen. Bis heute verbreitet der Ministerpräsident die Mär, die Volksabstimmung über S 21 sei eine historische Bereicherung der Demokratie. Dass die S-21-Gegner an­gesichts der übermächtigen Befürworter-Propaganda keine Chance hatten, interessiert ihn so wenig wie das extrem undemokratische Quorum. Die Mehrheit hat gesiegt. Basta.

Die Protestbewegung gegen S 21 hat dem „Bürger“ zu neuer Größe verholfen. Das Bürgerliche hat seinen spießigen Ruf abgelegt. Man darf wieder stolz sein, als Bürger zu gelten, womöglich als Citoyen, der die Gesellschaft mitgestaltet – so er darf.

Keine Frage, es war der S-21-Protest, der entscheidend zum neuen Bürgerverständnis in der Republik beigetragen hat. Nicht zuletzt, weil bei der Gewaltaktion des Staates gegen die Demonstranten am 30. September 2010 im Schlossgarten erstmals nicht nur die üblichen Verdächtigen – Studenten, linke Revoluzzer, Atomgegner etc. – von Polizeiwasserwerfern beschossen wurden. Sondern vorzugsweise Menschen aus der Mitte der Gesellschaft. Lehrer, Angestellte.

Der Bürger.

Zwar hat man ihn rasch als verwöhnten, undankbaren „Wutbürger“ abgestempelt. Dennoch fürchteten die Politiker seinen Widerstand gegen die Arroganz der Macht. Als Grund für die Politiker-Verdrossenheit sahen sich die Regierenden wie eh und je nicht selbst. Die Schuld an der Misere gaben sie den „Kommunikations­löchern“ ihrer PR-Vasallen. Rasch erfanden die „Schlichtungsfernsehen“ und „Stresstest“ und ließen in diesen inszenierten Medienspektakeln den Bürger mitspielen. Mitbestimmung blieb ihm untersagt. Zwar nutzte der Bürger noch rasch sein einziges Mitbestimmungsrecht, die Parlamentswahl, zum Sturz der schwarz-gelben Koalition. Aber auch seine neue Regierung ließ es zu, Park und Bahnhof zugunsten von Immobilienspekulanten zu zerstören.

Unbeeindruckt davon spielen sich die Grünen und ihr SPD-Partner weiterhin auf, als hätten sie die bürgerliche Mitbestimmung erfunden. Um den Schein zu wahren, genehmigen sie dem Bürger nicht etwa mehr Mitsprache. Sie halten sich lieber eine Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, puschen so die Modemarke „Bürger“ und folgen der schwarzen Linie: Im April ging die erste Etappe des „Zukunftsdialogs“ der Bundeskanzlerin zu Ende. Auch sie versprach Neues: „Mit dem Zukunftsdialog hat die Bundeskanzlerin eine neue Art von Beteiligung geschaffen, wie sie in Deutschland bislang noch nicht stattgefunden hat. Es geht um eine neue Kultur des Zuhörens und eine neue Form des Dialogs“, heißt es auf der Webseite. Jeder Bürger durfte dort zwei Wochen lang Vorschläge zur Politik posten.

In diesem Klima parteilicher Netz-Kampagnen, geschürt von der Furcht vor den Piraten, wundert sich die Landesregierung, wenn sie sich mit ihrem „Filder-Dialog“ über S 21 blamiert. Der Bürger zeigt bisher so gut wie kein Interesse, diese Show mit­zumachen. Mitglieder der Schutzgemeinschaft Filder lehnen die „Alibi-Veranstaltung“ ab. Sie wissen, wovon sie reden. Im Kampf gegen S 21 haben die Menschen nicht nur Sensoren dafür entwickelt, wann sie für vermeintliche Mehr-Demokratie-Kampagnen missbraucht werden. Sie haben sich informiert und begriffen, dass sie auf Schaubühnen wie dem Filder-Dialog keine eigenen Ideen durchsetzen, sondern lediglich die Pläne der Bahn diskutieren können. Ein Akt deutscher Scheindemokratie, und die Krauts von der Filder spielen nicht mit.

Ähnlich motiviert wie der Filder-Dialog ist die neue PR der Immobilien-Investoren in der Stadt. Als Antwort auf die angebliche Wut des Bürgers lassen Marketing-Manager für die Großbaustelle in der Tübinger Straße Besichtigungspodeste aufbauen und Internetseiten gestalten. Diese Sightseeing-Tour nennen sie „Transparenz“. Als zuvor entschieden wurde, was in der Stadt abgerissen und gebaut wird, hatte der Bürger so viel zu bestimmen wie eh und je. Nämlich null. Der echte Bürger allerdings hat sich im Dschungel inzwischen selber so viel Transparenz geschaffen, dass er weiß: „Kommunikation“ und „Dialog“ sind nur andere Wörter für Werbung und Meinungsmache.



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