Bauers Depeschen


Samstag, 19. Mai 2012, 913. Depesche



SOUNDTRACK DES TAGES



ALARM!

HAFEN-PICKNICK

Sonntag, 24. Juni: Flaneursalon-Show am Neckarufer



NOTIZ

Bevor ich nach Frankfurt verschwinde, noch ein Gruß an die Waldau - die aktuelle StN-Kolumne:



STEHPLATZ

Blaues Wochenende. Die großen Stuttgarter Kickers feiern an diesem Samstag auf der Waldau ihren Aufstieg in die dritte Liga. Die letzte Partie gegen Bayern München II dient nur noch als Aufwärmtraining für die finale Party nach der harten Saison.

Die Titelfeier fällt ausgerechnet in eine Phase, wo wieder einmal das Thema „Gewalt im Fußball“ die Medien mehr beschäftigt als das Regierungschaos. Es ist bei uns üblich, nach jeder Ausschreitung im Stadion ein „neues“ Krawallpotenzial aus­zumachen. Das geschah in jedem Jahrzehnt, seit ich mich für Fußball interessiere.

Die Spiele der Kickers besuche ich seit Ende der siebziger Jahre, ich blicke zurück auf eine friedliche Zeit mit seltenen Scharmützeln. Logischerweise sind die jüngsten Regelverstöße im Publikum auch auf meinem Fußballplatz unter dem Fernsehturm ein Thema. Einer unserer Gegner in der kommenden Saison ist der Karlsruher SC, ein Verein, dessen Abstieg aus der zweiten Liga neulich beim Relegationsspiel gegen Regensburg von Fan-Randale begleitet wurde. Darüber gab es Schlagzeilen, wenn auch nicht so fette wie nach dem Duell zwischen dem Zweitligisten Fortuna Düsseldorf und dem Erstligisten Hertha BSC Berlin, als Fans kurz vor Schluss das Spielfeld stürmten. Zuvor waren Feuerwerkskörper explodiert. Es liegt mir fern, diese Dinge moralisch zu bewerten. Jeder weiß, dass gewisse Fans aus Berlin und Karlsruhe traditionell nicht zu den Schlausten zählen; nicht zufällig haben sie sich einst verbrüdert. Doch wäre es dumm zu verallgemeinern. Es gibt coole und unkluge Fans.

Düsseldorf ist einfacher zu erklären als Karlsruhe. Einige Fans rannten zu früh auf den Platz, der Rest dachte, das Spiel sei aus, und lief hinterher. Das kann passieren. Ein Massenphänomen. Wie sich in dieser Situation die Sicherheitskräfte verhielten, soll die Polizei beurteilen. Aber um Gottes willen nicht die Politik. Politiker sitzen nicht nur beim Fußball in den VIP-Lounges. Auch sonst nehmen sie auf der Haupttribüne des Lebens Platz. Die meisten von ihnen haben den Bezug zur Realität, zu den Menschen längst verloren. Fußball ist Unterhaltungskultur mit großer Tradition. Die Kickers wurden 1899 gegründet, und nicht viele wissen, wie dieser Club früher noblen englischen Fußball­vereinen nacheiferte, etwa dem FC Arsenal London, einst Vorbild für die aus Holz errichtete Sitztribüne des „Blauen Adels“ am Kickersplatz. Die Tribüne jedoch ist selten der angestammte Platz des treuen Fans. Wer Fußball lebt, sitzt nicht. Wer Fußball versteht, steht. Jedenfalls solange er kann.

Wenn die Sportausschuss-Vorsitzende im Bundestag, Dagmar Freitag (SPD), die Abschaffung der Stehplätze fordert, sagt das etwas über den Zustand der sozialdemokratischen Partei, die sich mal um die Arbeiterkultur kümmern wollte. Der Stehplatz ist der letzte Hort, die letzte Bastion des Fans in einem finanziell ausufernden Event-Geschäft namens Fußball. Der Stehplatz ist der Altar des Fans. Ihn abzuschaffen hieße, den Besuchern eines Reggae-Konzerts das Tanzen, den Punks den Pogo zu verbieten. Wer so weltfremd daherredet, hat vom Fußball nie etwas anderes abgekriegt als Ehrenkarten mit Zutritt zu den VIP-Fressräumen.

Fußball ist ein Spiegel gesellschaftlicher Verhältnisse, und keine Aufführung lebt in ihrer Dramaturgie so entscheidend und mitreißend vom Zufall. Zufälle sind so schwer zu verhindern wie Kriminalität. Wo sich viele Menschen zusammenfinden, wo Menschen in Massen ihre Emotionen aus­leben, geht auch mal was schief. Darüber muss man nachdenken, aber nicht jedes Mal mit viel Geschrei neue Trends ausrufen.

Den Kickers und allen Fans wünsche ich die schönste Aufstiegsfeier aller Zeiten. Die Party kann stressfrei steigen. Ob wir zuvor den Bayern die Lederhosen ausziehen oder nicht, interessiert kein Schwein.



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