Bauers Depeschen


Freitag, 07. August 2015, 1504. Depesche



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LIED DES TAGES



LIEBE GÄSTE,

der letzte ausschweifende FLANEURSALON LIVE in diesem Jahr steigt im Herbst, diesmal mit der Buch-Präsentation: "In Stiefeln durch Stuttgart - Komakäufer und Rebellen". Am Sonntag, 18. Oktober, im Theaterhaus mit:

Christine Prayon - als Entertainerin des Abends

Vincent Klink & Begleitung - als Poet und Musiker

Eric Gauthier & Begleitung - als Sänger und Erzähler

Eva Leticia Padilla & Band - als Stimme des Abends

Toba Borke & Pheel - als Wort- und Rhythmus-Maschine

Joe Bauer - als Dingsbums



„Wenn man die Internationalität der Stadt spüren will, geht man in Joe Bauers Flaneursalon, eine Art Revue aus Komik, Literatur und Rock `n` Roll.“

Die Taz, Berlin



Vorverkauf online: THEATERHAUS - Kartentelefon: 07 11/4020-720.  





KICKERS, FISCHE UND KOJOTEN

Was heißt das schon, "Emotion". Kaum ein anderes Wort haben Fußballreporter dermaßen überstrapaziert. Dabei beschreibt es neben den Gemütsphänomenen in der Menge doch sehr individuelle, intime Momente. Weiß der Henker, warum ich mich daran erinnere, wie ich in der Nacht nach dem DFB-Pokalfinale vom 20. Juni 1987 zwischen dem HSV und den Kickers ausgerechnet in einer Kreuzberger Kneipe namens Malheur landete, mit einem Kollegen, der später viel zu jung gestorben ist, wie zwölf Jahre nach unserem Berlin-Ausflug auch unser damals erst 49 Jahre alter Kickers-Trainer von 87, Dieter Renner.

Das Plakatmotiv für das DFB-Pokalspiel der Blauen an diesem Samstag auf der Waldau gegen den VfL Wolfsburg kommt aus einer Marketing-Ecke, in der man auch Heroen-Kitsch als „Emotion“ interpretiert: Das Poster zeigt einen Kickers-Mann als Wolfsjungen, er hält den Kopf des Isegrims im Arm. Schwulst und Pathos gehören wie eh und je zum Fußball, auch wenn das im Fall des Kickers-Gegners ästhetisch etwas merkwürdig daherkommt. Wolfsburg, 1938 von den Nazis als Sitz des Volkswagenwerks gegründet, hieß bis Mai 1945 offiziell „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“. Die Abkürzung KdF stand für das Nazi-Motto „Kraft durch Freude“.

Die Vorfreude auf den Kraftakt, das superteure, von der Volkswagen AG finanzierte Star-Aufgebot der Wölfe zu zähmen, hat die blauen Fans längst im Griff. Nicht nur weil eine Art pikantes Investorenduell bevorsteht: Weil das Logo des neuen Sponsors MHP das Kickers-Trikot ziert, trifft die geballte VW-Macht definitiv auf ein ­bisschen Porsche – bekanntlich gehört MHP dem Stuttgarter Sportwagenhersteller.

Jedes Pokalduell gegen ein höherklassiges Team weckt sehnsuchtsblau getönte Erinnerungen, hochemotionale Bilder. Kein Mensch denkt in solchen Momenten an die 0:1-Pleite im Vorjahresviertelfinale des WFV-Pokals beim zwei Klassen tiefer bolzenden FV Ravensburg. Oder an den Weitwurf-Skandal 2006 in der zweiten Runde gegen Hertha BSC, als der Linienrichter nach der Becher-Attacke eines fremden Hooligans aus dem Kickers-Block zu Boden ging. Vielmehr führen uns die Fan-Gesänge in jedem Pokalfight gegen einen Erstligisten ins Olympiastadion: „Bär-lin, Bär-lin, wir fah-ren nach Bär-lin.“

Keiner, sofern traditionsbewusst, hat einen der größten Auftritte in der Geschichte der Blauen vergessen. Am 20. Juni 1987 standen wir im DFB-Pokalfinale dem damals glorreichen HSV gegenüber. Kaltz & Co. Ja, meine Damen und Herren, wir haben es vermasselt. 1:0 geführt, die Himmelschance aufs 2:0 vergeben, in der 88. Minute das 1:2 kassiert. Vergeben! Nicht vergessen, nicht das Drumherum des Lebens: Die Direktleitung mittels Fernsprechautomat aus der Bar Malheur führte in den Brunnenwirt am Stuttgarter Leonhardsplatz. Was da los war, bekam ich erst nach meiner Rückkehr mit: Der große Grillmeister vom Altstadt-Imbiss, als „Würstles-Jürgen“ legendär, hatte beim 1:0 der Blauen in der 13. Minute durch Kurtenbach mit der Faust so hart gegen einen Pfeiler des Lokals geschlagen, dass wir ihn ins Krankenhaus bringen mussten. Selbstverständlich gegen seinen Willen: Was schon ist ein läppischer Handgelenkbruch gegen Ruhm und Ehre der blauen Götter?

Die Phrase von den „eigenen Gesetzen im Pokal“ klingt heute dümmer denn je. Inzwischen spielen auch in der dritten oder vierten Liga so gute Fußballer, dass sie sich von vielen Erstliga-Profis nur in Kleinigkeiten unterscheiden. Mag ein üblicher Bundesliga-Profi im Sprint einen Bruchteil schneller, körperlich etwas besser konditioniert oder von der „medizinischen Abteilung“ effektiver programmiert sein, so ist er einem sich verausgabenden Drittklassigen unterlegen, wenn er nicht voll und ganz sein Repertoire ausspielt. Nur logisch, dass zum Start der vergangenen Saison Borussia Dortmund die großartig kombinierenden Kickers im Pokal nur mit Ach und Krach besiegte. Das 4:1 fiel „dramatisch deutlicher aus, als es das Spiel tatsächlich war“, sagte BVB-Trainer Klopp – und musste im Lauf der Saison feststellen, dass sein Team fast nur Handelsklasse B bot.

Der Pokal-Wettbewerb, obwohl sportlich nicht besonders wichtig, steuert auch heute ganz gehörig den Emotionshaushalt des Fans, wohl auch, weil die Nostalgie im zeitgemäßen Investoren-Fußball eine immer größere Rolle spielt. Wieder kann ich es nicht erklären, aber die schärfsten Kickers-Bilder in meinem Kopfkino stammen aus den Pokalspielen der Saison 1999/2000 (emotional vielleicht auch gepuscht, weil ich immer von derselben Frau begleitet wurde). Da war im Oktober 1999 dieses grandiose 3:1 unseres Zweitligisten in der dritten DFB-Runde gegen Borussia Dortmund, als sich die Waldau in einen nächtlichen Zauberwald verwandelte. Da war das 3:2 nach Verlängerung am 1. Dezember gegen Arminia Bielefeld. Dann das 1:0 zwei Tage vor Heiligabend auf einer knüppelharten Eisdecke im Viertelfinale gegen den SC Freiburg – als der Trainer Finke eine blaue Winter-Sabotage vermutete. Drei verfluchte Erstligisten hatten wir weggeputzt. Erst im Halbfinale scheiterten wir unglückselig bei Werder Bremen mit 1:2 in der Verlängerung.

Die jugendliche Beleidigungsformel „Ey, du Fisch“ war damals noch nicht erfunden. Mit Blick auf Bremen hätte sie mir gut gefallen. Verdammtes Malheur. Und jetzt der böse Wolf. Womöglich auch nur ein Kojote.



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