Bauers Depeschen


Samstag, 05. Januar 2013, 1036. Depesche



DIE TAGESZEITUNG ...

... hat mir anlässlich meines neuen Buchs in ihrer Samstagausgabe eine Seite gewidmet:

TAZ-PORTRÄT

 

FLANEURSALON IM SCHLESINGER

Der erste Flaneursalon im neuen Jahr geht am Dienstag, 19. Februar, im SCHLESINGER über die Bühne. 20 Uhr. Erstmals mit UTA KÖBERNICK und ihrer Band Kritische Begleitung - und mit Dacia Bridges, Zam Helga und Roland Baisch. Karten gibt es in der Kneipe - ab kommenden Montag ist wieder geöffnet.



DIE STN-KOLUMNE zum 70. Geburtstag von BRUNO BIENZLE findet man in der Depesche vom 4. Januar.



SOUNDTRACK DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



NEUES VOM WALDELEFANTEN

Ich komme viel herum in meiner Kleinstadt mit Kehrwoche. Als ich zuletzt unterwegs war, hatte keine Sau gekehrt. Auf den Straßen und Gehwegen, sogar in den schwäbischen Vorgärten unserer Migranten lagen abgebrannte Knallfrösche. Zum Jahresende hatten die Leute ein Feuerwerk zu Ehren von Herrn Thierse gezündet: 2013 feiert er seinen 70. Geburtstag. Dann ist er endlich so alt, wie er seit Jahrzehnten aussieht.

Ich ging zum Travertinpark in Bad Cannstatt, einer wilden Steinbruch-Gegend, die den Hallschlag und Münster streift. Ein Abenteuerland für Kleinstädter wie mich und andere Tagediebe mit angemieteten Kehrwöchnern aus der Dienstleistungsbranche. Mit der Bahnlinie 14 angereist, stieg ich am Kraftwerk Münster aus. Dort ragen die berühmten vierzehn Säulen aus Travertinstein gen Himmel. Die Stadt Berlin hatte sie 1936 im Cannstatter Steinbruch für ein geplantes Denkmal zu Ehren des Faschisten Mussolini bestellt. Auserwählt war der Adolf-Hitler-Platz im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Dann kamen ein paar Dinge dazwischen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg standen die Travertinsäulen noch immer in Stuttgart, der Berliner Hitlerplatz hieß wieder wie früher Reichskanzlerplatz, und nach dem Tod des ersten Bundespräsidenten der neuen Republik/West weihten die Berliner ihren Theodor-Heuss-Platz ein. So heißt er bis heute, was etwas peinlich ist, weil Herr Heuss – geboren in Brackenheim bei Heilbronn, gestorben in Stuttgart bei Bad Cannstatt – eine Art Schwabe war. Auch er hat Kehrwoche gemacht, den Altnazis regelmäßig eine gewischt – und dem deutschen Beamten einen meiner Lieblingssätze gewidmet: „Die Pflicht zum Widerspruch ist im Gehalt inbegriffen.“ Daran haben sich vor allem unsere Schwestern und Brüder im deutschen Osten gehalten, ehe sie wie Herr Thierse der revolutionären SPD beitraten.

Als Herr Thierse neulich aufdeckte, schwäbische Kolonialisten im biologisch geprägten Kampfmütter-Bezirk Prenzlauer Berg mampften regelmäßig Wecken statt Schrippen, gelang ihm ein wichtiger Beitrag zur Verteidigung der Frontstadt. Dass die Leute in Berlin schon lange vor Prenzlberg und Theodor-Heuss-Platz einen Stuttgarter Platz ertragen müssen, ist hart genug. Der Stuttgarter Platz wurde als Rotlichtviertel berühmt und berüchtigt, und weil in dieser Schmuddelecke einst auch das nackte APO-Fleisch der Kommune 1 Schlagzeilen machte, war der „Stutti“ bald populärer als die namensgebende Kleinstadt im Süden. Stuttgart kennt bekanntlich keine Hurenhäuser und Kommunarden. Unsere Wecken-Nasen befriedigen sich seit jeher am Anblick frisch geleckter Treppen. Diesen Ruf verdanken wir dem scheidenden Oberbürgermeister und seinem Versuch, mit seiner Let’s-putz-Orgie von den schmutzigen Geschäften im Rathaus abzulenken.

Als ich in jungen Jahren Berlin heimsuchte, bestellte ich bei den Damen vom Stutti statt Wecken ein Sändwitsch, und die Freude war groß. Auch wer heute nach Berlin reist, muss sich nicht als Schwabe zu erkennen geben. Mit zwei, drei Wörtern Englisch kommt man gut durch, seit türkische, persische und Böblinger Kellner erst gar nicht mehr versuchen, schwäbische von anderen internationalen Touristen zu selektieren. Die Parole „We don’t speak german“ ist in Berliner Heiß-Wasser-Bars so gängig wie bei uns der „Cafe Togo“ als Ersatz für schwarzen Bohnenkaffee.

Da wir jetzt bei der internationalen Gastro-Kultur angekommen sind, will ich nicht vergessen, dass im Travertinpark zu Cannstatt große Knochenbruchstücke, Gebiss- und Zahnreste gefunden wurden. Überraschenderweise werden sie nicht Herrn Thierse zugeordnet, sondern einem anderen Waldelefanten, der in schwäbischen Gefilden herumtrampelte.

Ein Elefantentritt muss den Sozen Schmiedel gestreift haben, bevor er im Medienwald herumschrie, Thierse sei „durchgeknallt“. In Sachen Durchgeknalltheit kennt sich im schwäbischen SPD-Steinbruch keiner besser aus als Schmiedel. Der rote S-21-Radikale hat panische Angst, sogar der Berliner Flughafen könnte eher fertig sein als sein Unterweltbahnhof .

Dennoch bitte ich darum, nach jahrhundertelangem Kampf um die deutsche Nation nicht neuerlich den Bürgerkrieg auszurufen. Die schwäbischen Truppen fänden beim Marsch auf Preußen sowieso keine Unterstützung. Die Badener haben mit uns noch einige Rechnungen offen, die Bayern und Hessen würden die vegetarisch ausgezehrten Parteisoldaten und Vasallen des grünen Kretschmann-Regiments mit Hohn und Spott überschütten, und den Österreichern können wir nicht schon wieder einen Anschluss unterjubeln.

Deshalb ist es besser, Herrn Thierse gelingt im Kampf um die Rechte der Schrippen der Endsieg. Damit hätte er alle Errungenschaften der jüngeren deutschen Sozialdemokratie auf den Punkt gebracht.



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