Bauers Depeschen


Donnerstag, 18. Oktober 2012, 996. Depesche



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Vorverkauf läuft ... nur noch vier Wochen

FLANEURSALON & BUCHPREMIERE

IM THEATERHAUS MIT VINCENT KLINK & CO

Am Sonntag, 18. November, stelle ich im THEATERHAUS mit einem Flaneursalon mein neues Buch vor (siehe Cover rechts). Bühnengäste: Vincent Klink & Patrick Bebelaar, Los Santos (mit Stefan Hiss), Dacia Bridges, Toba Borke & Pheel, Roland Baisch. 19.30 Uhr.

Kartentelefon: 07 11 / 4020 720.



KLEINER SALON MIT ZAM HELGA

UND WIGLAF DROSTE BEI RATZER

An diesem Samstag gibt es die "Stuttgartnacht" - die Bus-Ralley für Event-Süchtige. Eine der Stationen ist das ehrenwerte Plattencafé Ratzer Records im Leonhardsviertel (neben dem unersetzlichen Brunnenwirt). Und weil das ein schöner Ort ist, machen wir dort einen intimen Flaneursalon. Überraschend ist der Berliner Satiriker Wiglaf Droste in Stuttgart gelandet - und macht mit dem Musiker Zam Helga und mir gemeinsame Sache. Lesung & Songs. Ab ca. 20.30 Uhr ...



SOUNDTRACK DES TAGES



Die aktuelle StN-Kolumne:



DIE HUNDE SCHAUEN IHN KOMISCH AN

Viele Nächte habe ich mein Gewissen befragt, wen ich zu wählen hätte. Mein Gewissen spricht nicht immer mit mir. Wenn es seine üblen Tage hat, verweigert es sich, und ich bin mit mir allein. In jüngster Zeit wollte mir mein Gewissen nicht mal mehr einen Termin einräumen. Ich hatte gesagt: „Hören Sie zu, verehrtes Gewissen, wir müssen ein Strategie-Meeting abhalten, die Wahl steht bevor.“ Als ich keine Antwort bekam, schickte ich meinem Gewissen einen Brief: „Verehrtes Gewissen, im ­Moment habe ich leider keine Ahnung, ob es richtig wäre, mich für den Mormonen oder für den Schwarzen zu entscheiden. Was sagen Sie dazu, verdammtes Gewissen?“

Ich erreichte mit dieser Anfrage, was ich insgeheim erhofft hatte. Ich hatte das Gewissen provoziert. Es schlug zurück: „Pass mal auf, du gottverlassenes, rassistisches, menschen­verachtendes Stück Hundekacke, man ­bewertet Menschen nicht nach ihrer Religionszugehörigkeit und ihrer Haut­farbe. Wir sind in einem freien Land.“

Ich wusste, mein Gewissen hatte diese Sprache bei den Amerikanern gelernt, und lenkte ein: „Hören Sie zu, Gewissen, ich werde den Schwarzen wählen, weil ich weiß, dass sich bei uns immer mehr Typen vom Ku-Klux-Klan herumtreiben.“

Früher hätte mein Gewissen solche Sätze für einen Witz gehalten, wie auch mein ­Argument, dieses Land sei nichts anderes als eine vom Ku-Klux-Klan beherrschte US-Kolonie mit bayerischen Folklore-Events zur Volksfestzeit. Dann aber sagte der Innenminister aus unserer Gegend eine geplante Reise in die Türkei ab, weil er mitgekriegt hatte, dass einer seiner Spitzel und sogar einige seiner Polizisten für den Ku-Klux-Klan arbeiten. Die Absage einer Auslandsreise wäre für unseren sozialdemo­kratischen Innenminister zuvor nur in ­Betracht gekommen, wenn er in seinem Hauptberuf als freiwilliger Feuerwehrmann in Sülzbach bei Heilbronn an einer Brandschutzübung hätte teilnehmen müssen.

Vor der Gewissensfrage, den Mormonen oder den Schwarzen zu wählen, verblassen die moralischen Fragen, schon am Sonntag in meiner Heimat für oder gegen die Brezel, für oder gegen die Maut, für oder gegen Tempo dreißig in der Stadt und andere ­erfundene Weltbedrohungen mit einem läppischen Bleistiftstrich zu ­votieren (das Wort „Kreuz“ widerstrebt mir in diesem Zu­sammenhang, seit ich die brennenden Kruzifixe des Klans in dem Kinofilm „Mississippi Burning“ gesehen habe).

Mit der Einführung eines Straßenzolls bekäme ich zwar erhebliche Probleme als Spaziergänger; bald schon würde ich mich einsam fühlen in den Straßen ohne das Gehupe und den Gestank der Autos, ohne die Stinkefinger der Fahrer, wenn ich gazellenhaft bei Rot die Zebrastreifen überquere. Mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf allen Straßen allerdings könnte ich zurechtkommen. In meinem Alter durchbricht man die Schallmauer von Tempo dreißig als Fußgänger höchstens noch auf der Flucht über die Autobahn von Karlsruhe nach Stuttgart (wenn ich auf diese Art das Spiel der Stuttgarter ­Kickers am kommenden Mittwoch gegen den KSC ankündigen darf).

Sie sehen, verehrte, gewissensgeplagte Wählerinnen und Wähler, die Entscheidung zwischen dem Mormonen und dem Schwarzen bewegt mein Herz in diesen Tagen mehr als die Frage, ob meine Stiefel in Heslach und Botnang von einem Luftgespenst auf Tempo dreißig heruntergebremst werden. Diese Flecken sind seit jeher klein ­genug, um sie gemäßigten Schrittes zu erforschen.

Was ich von den Amerikanern bereits vor dem Wahlkampf des Mormonen gegen den Schwarzen fürs Leben gelernt hatte, scheint mir jedoch ein paar Sätze aus der Geschichte wert: Lassen Sie sich als Weltpolitiker nie auf die Bräuche des gemeinen Volkes ein.

Im Jahr 2002, das wie jedes andere Jahr kein gutes war, brach George W. Bush vor seinem Fernsehgerät im Weißen Haus in Washington zusammen. Die Presse berichtete damals auf Berufung von Bushs Leibarzt, der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sei nach einem Herzstillstand mehrere ­Sekunden ohnmächtig gewesen. Als er ­wieder zu sich gekommen sei, hätten seine beiden Hunde zwar „dagesessen wie zuvor“, ihn aber „komisch angeschaut“.

Ich sage Ihnen, warum die Präsidentenköter damals so merkwürdig aus der Wäsche schauten. Schuld war nicht etwa ihr schlechtes Gewissen. Vielmehr hatten sie das Unheil kommen sehen. Bevor ihr Herr wie ein nasser Sack zu Boden ging, hatte er sich an einer Brezel verschluckt.



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